Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen.
Liebe Gemeinde,
Weihnachten ganz anders oder wie sonst auch? Wie auch immer Sie gefeiert haben und noch feiern, die Weihnachtsbotschaft ist die Gleiche wie sonst auch. Frieden auf Erden und Gott nahe bei uns Menschen. Selbst wenn der Predigttext heute aus dem Alten Testament stammt. Ich lese
Jesaja 52,7-10
7Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße des Freudenboten, der da Frieden verkündigt, Gutes predigt, Heil verkündigt, der da sagt zu Zion: Dein Gott ist König! 8Deine Wächter rufen mit lauter Stimme und jubeln miteinander; denn sie werden’s mit ihren Augen sehen, wenn der Herr nach Zion zurückkehrt.
9Seid fröhlich und jubelt miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der Herr hat sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst. 10Der Herr hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.
Freudenboten sind unterwegs. Die Menschen kehren aus dem Exil nach Jerusalem zurück. Und Gott führt sie nach Hause. Frieden. Die Menschen liegen sich in den Armen. Und das ganze gilt nicht nur für Israel sondern für alle Völker der Welt. Frieden. Und alle erkennen, was Gott Gutes für die Welt tut.
Es ist ja nicht so offensichtlich, was Gott Gutes für die Welt tut. Das größte Hindernis für das Vertrauen zu Gott ist der Zustand unserer Welt. Es ist ja keineswegs alles gut. Und das liegt nicht nur an uns Menschen. Wenn man eindeutig beweisen könnte, wie Gott die Welt verbessert und Gutes tut, dann wäre vieles einfacher. Aber wir sind an dieser Stelle auf Vertrauen angewiesen. Und dieses Vertrauen steht oft gegen den Augenschein. Wir interpretieren Dinge, die geschehen als: Gott hat mir geholfen, oder: Hier hat Gott ein Wunder getan. Aber diese Interpretation ist ja nicht notwendig. Wir könnten genauso gut sagen: Das war Zufall. Glück gehabt. Oder da bin ich dem Unglück gerade noch einmal von der Schippe gesprungen. Ich kann sagen: Es ist unfassbar, wie sich dieses Problem aufgelöst hat. Das war ein Wunder. Oder ich kann sagen: Zum Glück habe ich da eine richtige Entscheidung getroffen und das hat sich positiv ausgewirkt.
Es ist immer eine Frage des Blickwinkels und der persönlichen Interpretation. Was immer auch geschieht, ich kann es in Verbindung mit Gott deuten oder ohne Gott deuten.
Eine Freundin hatte einen Fahrradträger auf dem Dach ihres Autos montiert. Auf der Rückfahrt aus dem Urlaub rutscht er mitten auf der Autobahn vom Dach und wird samt Fahrrädern auf den Seitenstreifen geschleudert. Sie halten an. Die Fahrräder sind kaputt aber sonst ist niemand zu schaden gekommen. Sie hat gesagt: Wir hatten einen Schutzengel. Jemand anders hätte vielleicht gesagt: Wir haben unsere Fahrräder verloren. Das war großes Pech. Oder man hätte auch sagen können: Du warst schuld. Du hast die Fahrräder nicht richtig montiert. Welche dieser Interpretationen ist nun richtig? Keine Ahnung, wer soll das schon wissen. Aber was ich weiß ist, dass die Interpretation meiner Freundin für alle gut war. Niemand wurden Vorwürfe gemacht. Und die ganze Familie hat sich beschützt gefühlt. Das Gottvertrauen, das sich im Satz meiner Freundin ausdrückt, hat die Welt für sie und ihre Familie besser gemacht.
Konfis suchen sich gerne Konfirmationssprüche aus, in denen steht, dass Gott sie beschützt, ihnen hilft und sie leitet. Das ist verständlich, denn genau das wünschen wir uns von Gott.
Aber wie ist es wirklich?
Da steht Aussage gegen Aussage. Wenn ich glaube, dann sage ich: Gott hat mich beschützt. Gott hat mir geholfen. Gott hat mir Frieden geschenkt.
Wenn ich glaube, dass es Gott nicht gibt, oder Gott sich nicht für uns interessiert, dann denke ich: Das war Schwein.
Oder gibt es etwas dazwischen?
Ja, ich glaube schon. Nur wenige Menschen haben eine so hohe innere Sicherheit, dass sie ohne jeden Zweifel sagen können: Ich vertraue Gott so intensiv, dass ich fest davon überzeugt bin, dass Gott mich immer beschützt und leitet und mir durch alle Schwierigkeiten hindurch hilft. Sein Frieden umfasst die Welt.
In unserem Predigttext finde ich etwas anderes. Die Israeliten sind ja noch im Exil in Babylon. Der Prophet redet zu den Menschen, die fern der Heimat leben müssen. Was er ihnen ausmalt ist ein Hoffnungsbild. Und 100 Jahre später als einige nach Jerusalem zurück gekehrt sind, sieht die Situation nicht so rosig aus, wie sie hier in der prophetischen Vorhersage geschildert wird. Da haben die Menschen Mühe, die Stadtmauer wieder aufzubauen, und sie haben nicht genug zu essen. Aber ja sie sind zurück gekehrt. Ein Teil der Hoffnung des Propheten hat sich erfüllt.
Der Prophet schreibt: Der Herr hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.
Dieser Teil der Erfüllung steht noch aus. Das ist nicht unmittelbar geschehen.
Und ich glaube so ist es für uns heute auch: Die Alternativen sind nicht felsenfestes Vertrauen in das gute Handeln Gottes und atheistisches Bestreiten, dass Gott überhaupt zu Gunsten von uns Menschen handelt.
Wir heute leben wie die Menschen zu denen der Prophet gesprochen hat, in der Hoffnung, dass Frieden werde auf Erden und wir in seinem Wohlgefallen leben können.
Und mal sehen wir wie diese Hoffnung sich erfüllt, unser Herz mit Freude erfüllt ist, und ein anderes Mal warten wir sehnsüchtig darauf, dass eine belastende Situation ein Ende findet.
Die Menschen an den Enden dieses Spektrums zwischen felsenfestem Gottvertrauen und atheistischer Sicherheit, dass es keinen Gott gibt, sind selten. Wir sind meistens irgendwie dazwischen mal mehr auf der einen und mal mehr auf der anderen Seite.
Und hier in der Kirche sind wir, weil wir von Sehnsucht erfüllt sind, dass Weihnachten wahr werden möge. Wir hoffen, dass Frieden auf Erden sich breit macht. Und wir beten, dass Gott bei uns sein möge und uns in unseren alltäglichen Schwierigkeiten helfen möge.
Und vielleicht wünschen wir uns, dass unser Glaube stärker werden möge, und das Vertrauen, dass am Ende alles gut wird in uns wachsen möge. Vielleicht sind wir hier, weil wir wenigstens einmal einen Moment des Friedens erleben wollen, der höher ist als alle Vernunft und stärker als alles, womit wir uns sonst herumschlagen müssen.
Ja, ich wünsche mir, dass Gottes heiliger Geist uns heute erfüllen möge und wir wenigstens eine kurze Zeit uns auf dieser Welt sicher und geborgen fühlen. Morgen dürfen die alten Zweifel und Probleme dann auch wieder kommen, aber heute, heute soll es Weihnachten werden. Heute soll der Friede Gottes einmal stärker sein. Heute soll die Hoffnung überwiegen. Heute werden wir die Musik und das Kerzenlicht genießen und getröstet nach Hause gehen. Heute möge der Friede Gottes uns überwältigen und und mit unsagbarem Glück erfüllen. Und wenn nicht heute dann morgen oder übermorgen. Und damit will ich mich zufrieden geben.
Wir brauchen ja nicht immerwährende Sicherheit und ungebrochenes Vertrauen.
Jesus sagt: Wenn euer Glaube auch nur so groß ist wie ein Senfkorn, könnt ihr damit Berge versetzen. Und wenn unsere Hoffnung uns durch die nächsten Stunden trägt, dann reicht das erst einmal. Und wenn die Freudenboten uns heute erreichen, dann müssen wir uns keine Gedanken darüber machen wie es morgen sein wird. Heute ist Weihnachten, und dann sehen wir weiter.
Der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft wahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus zum ewigen seligen Leben.