12. Sonntag nach Trinitatis 30.8.20

Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen
Geistes sei mit uns allen.

Liebe Gemeinde,

wir sind draußen in der freien Natur. Die Kronen der Bäume wölben sich über
den Platz wie ein alter Tempel. Im Tempel wurden früher die Götter verehrt.
Im Tempel in Jerusalem wurde der Gott Israels verehrt. Man stellte sich vor,
dass Gott im Tempel wohnt. Der Tempel ist das Haus Gottes. Dort ist er
gegenwärtig. Dort kann er gefunden und angerufen werden. Und ein Tempel ist
ja nicht irgendein Haus. Er ist ein besonders schönes, großartiges und
geschmücktes Haus. Genau wir unsere Kirche in der Langgasse ein besonders
hohes und auffälliges Haus ist, das über die anderen Häuser hinausragt.
Heute wäre übrigens Kerbsonntag gewesen und wir hätten ohne Corona diesen
Gottesdienst ökumenisch gefeiert.

Paulus ist weit weg vom Jerusalemer Tempel  im Mittelmeerraum unterwegs. Er
verbreitet das Evangelium von Jesus Christus. Und er findet einen neuen
Tempel. Er findet diesen Tempel in der Gemeinde Jesu Christi. Wie das
passiert ist beschreibt da im ersten Brief an die Gemeinde in Korinth:
Ich lese 1.Korinther 3,9-17

9 Wir sind also Gottes Mitarbeiter.

Aber ihr seid Gottes Ackerland –

oder besser: Gottes Bauwerk.

10 Weil Gott mich in seiner Gnade dazu befähigt hat,

konnte ich als weiser Bauleiter das Fundament legen.

Jetzt baut ein anderer darauf weiter.

Aber jeder muss aufpassen,

wie er weiterbaut.

11 Denn niemand kann ein anderes Fundament legen

als das, das schon gelegt ist.

Und das ist Jesus Christus.

12 Es spielt keine Rolle,

womit auf dem Fundament weitergebaut wird:

mit Gold, Silber oder Edelsteinen,

Holz, Heu oder Stroh.

13 Es wird sich zeigen,

was das Werk eines jeden Einzelnen wert ist.

Der Tag des Gerichts wird es aufdecken,

denn mit Feuer wird er hereinbrechen:

Das Feuer wird prüfen,

wie das Werk eines jeden Einzelnen beschaffen ist.

14 Wenn das Werk, das jemand erbaut hat,

dem Feuer standhält,

wird er belohnt.

15 Verbrennt das Werk,

wird er seinen Lohn verlieren.

Er wird zwar gerettet werden –

aber nur wie jemand,

der gerade noch dem Feuer entkommen ist.

16 Wisst ihr nicht,

dass ihr der Tempel Gottes seid

und der Geist Gottes in eurer Mitte wohnt?

17 Wer den Tempel Gottes zugrunde richtet,

den wird Gott zugrunde richten.

Denn der Tempel Gottes ist heilig.

Und dieser Tempel seid ihr.



Die Gemeinde ist der Tempel Gottes. In ihr wohnt der heilige Geist. Der
heilige Geist wirkt mitten unter uns. Und deshalb sind wir heilig.

Dies ist ein ungewöhnlicher Tempel. Er besteht aus lebendigen Menschen. Und
nicht aus Steinen. Paulus kann die Gemeinde mit einem Tempel vergleichen,
weil sie die gleiche Aufgabe erfüllt wie ein Tempel. Sie ist der Wohnort und
Wirkungsbereich Gottes. Wenn die Gemeinde der Tempel Gottes ist, dann ist
sie schön und gut und beeindruckend. Das sind wir, und in uns wirkt Gott.
Durch uns bewirkt Gott Gutes.

Naja, damals war das vielleicht so. Aber heute ist die Kirche in der Krise.
Unsere Messeler Gemeinde ist sicher ein guter Ort. Man kann sich hier
wohlfühlen und man kann nette Leute kennenlernen. Und alle bemühen sich
darum, etwas Gutes für den Ort zu tun. Aber beeindruckend, schön und
großartig sind nicht die Wörter, die mir zu unserer Kirchengemeinde als
erstes einfallen. In den Anfängen der Kirche was das sicher anders – oder?

Nein, was es nicht. Paulus schreibt seinen Brief an die Gemeinde in Korinth.
Und mit der hatte er nichts als Ärger. Die Reichen haben mit dem gemeinsamen
Essen nicht auf die Sklaven, die erst später frei hatten gewartet. Viele in
der Gemeinde waren der Meinung, dass Paulus doch sehr viel schlechter
predigt als Apollos. Und die Leute der Cloe – auch Frauen – haben öffentlich
prophezeit und immer dazwischen gequatscht, so dass die
Gemeindeversammlungen meistens ziemlich chaotisch abgelaufen sind. Und
Paulus schreibt es ja selbst in diesem Brief: Es gibt Leute, die bauen mit
Holz, Heu und Stroh, also wertlosen Materialien, an dieser Gemeinde herum.
Und was sie bauen, wird sicher bald einstürzen oder verbrennen. In Korinth
ging es deutlich weniger harmonisch zu als in Messel.

Und trotzdem oder gerade deshalb sagt Paulus: Der Tempel Gottes ist heilig
und dieser Tempel seid ihr. Damit sind wir gemeint und die katholische
Pfarrgemeinde übrigens auch.

Aber wie kann das sein? Wieso sind wir heilig? Wie wirkt Gott in uns und
durch uns?

Wir sind heilig, weil in uns und zwischen uns der heilige Geist aktiv ist.
Davon merken Sie nichts? Ich auch nicht. Und trotzdem ist es so. Wir müssen
nur genau hinsehen und hinhören und hinfühlen und vielleicht auch
hinglauben.

Man kann, das was man erlebt, immer auf verschiedene Weise interpretieren.
Paulus schlägt uns vor, in dem Guten, das wir tun und das uns begegnet, das
Wirken des heiligen Geistes zu erkennen. 

Also wenn wir gute Ziele für unser Leben haben oder eine gute Einstellung
gegenüber anderen Menschen, dann hat uns das der heilige Geist geschenkt.

Wenn wir uns wohl in unserem Körper fühlen, gerne etwas leckeres essen, das
uns gut tut, dann ist der heilige Geist in uns gegenwärtig.

Wenn wir unsere Familie lieben und uns über die Erfolge von Kindern und
Enkeln oder Eltern und Großeltern freuen, dann leitet uns der heilige Geist.

Wenn wir mal ein Auge zudrücken und einmal nicht auf die Einhaltung einer an
sich sinnvollen Regel bestehen, weil eine andere Person das gerade braucht
und es allen davon gut geht, dann ist die Güte Gottes in uns.

Wenn wir eine unerfreuliche Situation hinter uns lassen, unserem Feind
vergeben und neu anfangen, dann ist Gottes Geist spürbar nahe.

All dies können wir auch anders deuten ohne Gott oder den heiligen Geist zu
bemühen. Aber warum sollten wir das tun? Ist es so nicht viel schöner? Ist
das Leben mit dieser Deutung nicht viel besser?

He, wir sind der Tempel Gottes. Wir sind heilig. Der heilige Geist bewirkt
Gutes in und durch uns.

Wenn ich es schaffe diese Sicht der Welt, beizubehalten, dann lebe ich in
Dankbarkeit. Ich fühle mich geliebt und geborgen. 

Das heißt nicht, dass das Böse und das Schwere weg ist und mich nicht mehr
erreichen kann. Ich werde mich weiterhin von meinen Feinden beleidigt
fühlen, meine Familie manchmal nervig finden, mich ärgern, wenn andere sich
nicht an die Regeln halten, soviel Schokolade essen, dass mir schlecht wird,
irgendwann feststellen, dass ich ein Ziel verfolgt habe, das es nicht wert
war, und jemand die Krätze an den Hals wünschen. Das ist auch Teil des
Lebens. 

Aber der wichtigere Teil ist, dass ich trotzdem Teil des Tempels Gottes bin
und der heilige Geist in mir und durch mich wirkt, obwohl das was ich tue,
alles andere als perfekt ist.

Vielleicht lerne ich ja, wenn ich älter werde, das, was der heilige Geist
zwischen uns und in uns bewirkt wichtiger und ernster zu nehmen als das, wo
ich den heiligen Geist manchmal behindere.

und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen
und Sinn in Christus Jesus zum ewigen seligen Leben!

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