19. Sonntag nach Trinitatis 18.10.20

Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen
Geistes sei mit uns allen.

Liebe Gemeinde,

Wie geht es Ihnen mit moralischen Aufforderungen?   Sie begegnen uns ja
momentan mehr als sonst: Abstand halten, Maske tragen, lüften, Kontakte
reduzieren. Und sie sind verbunden mit der Angst vor den steigenden
Infektionszahlen. Werden die Schulen und Kindergärten wieder schließen
müssen, werde ich mich anstecken? Was wird aus meinem Arbeitsplatz? Wie geht
es den Kindern und Enkeln? Was feiere ich noch? Wo gehe ich noch hin, wo
nicht?

Das sind momentan die alltäglichen Fragen. Und ich glaube die meisten hier
sind zugänglich für die Aufforderung Rücksicht zu nehmen und sich vorsichtig
zu verhalten. 

In unserem Predigttext heute geht es auch um rücksichtsvolles Verhalten den
anderen gegenüber. Ich lese

Epheser 4,22-32

22Deshalb sollt ihr den alten Menschen ablegen,

denn er entspricht der früheren Lebensweise.

Er wird zugrunde gehen

aufgrund seiner trügerischen Lust.

23Lasst euch stattdessen dadurch erneuern,

dass der Heilige Geist in eurem Verstand wirkt.

24Und zieht den neuen Menschen an

wie ein neues Kleid.

Denn er ist nach Gottes Bild geschaffen

und dadurch fähig

zu wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit.

25Deshalb sollt ihr die Lüge ablegen

und »jeder soll seinem Nächsten die Wahrheit sagen«.

Denn wir alle sind Glieder am Leib von Christus.

26»Euer Zorn soll nicht dazu führen,

dass ihr Schuld auf euch ladet!«

Lasst die Sonne nicht

über eurem Zorn untergehen.

27Gebt dem Teufel keinen Raum zum Wirken!

28Wer stiehlt, soll nicht mehr stehlen.

Vielmehr soll er sich abmühen

und durch seiner eigenen Hände Arbeit

Besitz erwerben.

Dann hat er genug,

um den Bestohlenen zu entschädigen.

29Kein böses Wort soll über eure Lippen kommen.

Vielmehr sollt ihr stets ein gutes Wort haben,

um jemanden aufzubauen,

wenn es nötig ist.

Dann bringt dieses Wort denen Gnade,

die es hören.

30Kränkt nicht Gottes Heiligen Geist,

der euch als Siegel aufgedrückt wurde.

So kennzeichnet uns Gott

für den Tag der endgültigen Erlösung.

31Alle Erbitterung,

Wut, Zorn,

lautstarke Auseinandersetzungen und Verleumdungen

sollen euch fernliegen –

und damit auch alle Bosheit.

32Seid vielmehr gütig und barmherzig zueinander.

Vergebt einander,

wie Gott euch durch Christus vergeben hat.

Die Aufforderung zu moralischem Verhalten fasst unser Predigttext in den
letzten Sätzen zusammen. Kein giftiger Streit, keine Verleumdungen, keine
Bosheit, sondern gütig und barmherzig miteinander umgehen. Einander
vergeben.

Ach komm, lieber Schüler des Paulus, der du den Brief  nach Ephesus
geschrieben hast. Das wissen wir doch alles. Wir sollen Gutes tun und nicht
Böses. Das muss uns doch niemand erklären. 

Oder ist es doch nicht so selbstverständlich?

Ja gerade jetzt, wo wir überall von moralischen Aufforderungen umgeben sind,
wissen wir, ja wir müssen die Regeln befolgen und zwar wir alle, damit wir
Menschenleben retten und als Gesellschaft gut durch die Pandemie kommen.
Lasst uns nach Hause gehen und es einfach tun!

Ich fürchte so einfach ist es nicht. Denn gerade jetzt gibt er erbitterte
Auseinandersetzungen. 

Was, ich soll die Maske auch über die Nase ziehen, dann kriege ich keine
Luft. Ja, Leute kommen unterschiedlich gut mit den Masken zurecht.

Die feiern Partys und treffen sich mit hunderten von Leuten und saufen sich
zu. Und ich muss dann wieder sehen, wie ich meine Kinder alleine betreut
kriege, und gleichzeitig arbeite, weil es mehr Infektionen in den Schulen
gibt und mein Kind mehr in Quarantäne ist als es in die Schule gehen kann.
Das ist rücksichtslos. Ja, ist es.

Wie soll ich meinen dementen Vater davon abhalten durch die Gegend zu laufen
und jedem die Hand zu drücken? Probleme, die sonst schon schwer genug sind,
werden durch die Pandemie noch schwerer.

Und wenn ich es kriege, wie komme ich an einen Test? Und wie kriege ich
etwas zu essen, wenn ich in Quarantäne muss? Und das alles nur wegen diesen
unvernünftigen Leuten, die keine Lust mehr haben, sich rücksichtsvoll zu
verhalten oder die es einfach nicht kapieren, dass es jetzt auf jeden
einzelnen ankommt, und die das Erlaubte bis ins letzte ausreizen. 

Natürlich ist das alles ärgerlich und vieles schwierig.

Ich zum Beispiel: Ich habe Angst. Und ich weiß, dass die Angst meine
Gedanken und mein Verhalten verändert. Ich bin gereizter. Ich habe mehr
unfreundliche Gedanken über meine Mitmenschen. Und ich bin weniger
entspannt. Und bin nicht imstande gütig und barmherzig mit anderen
umzugehen. Und ich werde schneller zornig. Und momentan bin ich nicht die
einzige, der es so geht.

Das ist nicht gut. Denn gerade jetzt, wo die Infektionszahlen steigen, ist
es wichtig, dass wir zusammen halten, dass wir uns alle an die Regeln halten
und uns gegenseitig darin bestärken. Momentan brauchen wir Leute, die
vernünftig handeln und Einsicht zeigen. Und Angst ist da nicht hilfreich. 

Kann unser Predigttext uns helfen, das Richtige zu tun?

Ja, er kann. Er sagt:

„Lasst euch dadurch erneuern, dass der Heilige Geist in eurem Verstand
wirkt!“ Dadurch werdet ihr fähig zu wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit. Und
dann hört die Wut auf und ihr werdet gütig und barmherzig zu einander. 

Das ist es, was wir gerade dringend brauchen. Heiligen Geist und zwar nicht
nur im Herzen sondern vor allem im Kopf, im Verstand, im Denken. Es hat
keinen Sinn, dass wir uns über die anderen aufregen, die sich nicht an die
Regeln halten. Und dass wir wütend auf die werden, die leugnen, dass das
Virus gefährlich ist. Viele tun das, weil sie die Wahrheit nicht aushalten
und im Untergrund furchtbare Angst haben. Manche sicher auch, weil sie nicht
weiter nachdenken und es unbequem finden, sich irgendwie einschränken zu
lassen und andere weil sie die Demokratie in Gefahr sehen.

Warum auch immer sie das tun. Wir können es nicht ändern. Und wenn wir uns
über die unvernünftig Handelnden aufregen, lassen wir uns nur selbst aus der
Ruhe und Besonnenheit bringen, die wir gerade dringend brauchen.

Heute ist es Zeit, um den Heiligen Geist zu bitten. Wir müssen um den
Heiligen Geist für uns und für alle Menschen bitten, damit wir die Angst
überwinden. Wir brauchen den Heiligen Geist, damit wir unseren Ärger über
die, die sich nicht an die Regeln halten und alle gefährden, überwinden. Wir
brauchen den Heiligen Geist, damit wir barmherzig mit den anderen umgehen,
damit wir und sie sich entspannen können. Und wir brauchen den heiligen
Geist, damit wir freundlich das tun können, was jetzt gerade dran ist.

Lassen Sie uns um den Heiligen Geist beten, damit wir und die anderen gut
durch diese schwierigen Zeiten kommen, und damit wir es schaffen zusammen zu
halten und uns umeinander zu kümmern.

und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen
und Sinn in Christus Jesus zum ewigen seligen Leben!

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