24.1.21 Vorletzter Sonntag nach Epiphanias

Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen.

Liebe Gemeinde,

ich erzähle heute die Geschichte von zwei Frauen, die es schwer hatten im Leben, Ruth und Naomi. Sie steht in der Bibel im Buch Ruth.

Naomi ist verheiratet und hat zwei Söhne als in Bethlehem eine Hungersnot ausbricht. Sie flüchten ins Nachbarland Moab und bauen sich dort ein neues Leben auf. Die Söhne heiraten die Moabiterinnen Orpa und Ruth. Nach 10 Jahren sterben alle Männer. Und Naomi beschließt in ihre Heimat zurückzukehren. Ihre kinderlosen Schwiegertöchter wollen sie begleiten. Unterwegs überredet Naomi Orpa zu ihrer Familie zurückzukehren. Aber Ruth lässt sich nicht abwimmeln und sagt: „Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.“

In Bethlehem angekommen werden die beiden unversorgten Frauen ohne Land nicht gerade begeistert empfangen. Damit sie nicht verhungern geht Ruth auf die Felder, um Ähren aufzulesen, die die Arbeiter beim Ernten übersehen haben. Dort fällt sie Boas auf, einem entfernten Verwandten. Er kann das ehemalige Feld der Familie übernehmen, wenn er die Frauen versorgt. Ihm gefällt Ruth und er beschützt sie auf seinen Feldern.

Da wittert Naomi eine Chance und schickt Ruth nachts zu Boas in die Scheune, damit Ruth ihn verführt. Der Plan geht auf. Boas verhandelt mit den Männern, die näher verwandt sind als er, dass er das Land von Noamis Mann bekommt und dafür Ruth heiratet. Der erste gemeinsame Sohn gilt dann als Enkel von Noamis Mann und rechtmäßiger Erbe des Landes.

So wird die Moabiterin Ruth die Stammmutter von König David und damit auch von Jesus.

Wie kommt es, dass zwei Frauen so sehr zusammen halten? Und was hat Gott damit zu tun?

Es ist die Not, die Noami dazu nötigt, ihre Vorurteile beiseite zu legen und die normalen moralischen Regeln außer Kraft zu setzen. Und Ruth ist eine gefährdete junge Flüchtlingsfrau, der gar nichts anderes übrigbleibt als sich auf die ältere Frau im fremden Land zu verlassen. Dass die beiden nicht untergehen sondern eine wichtige Rolle in der Geschichte Gottes mit den Menschen spielen, das hat Gott sich ausgesucht. Und es ist ein Muster, dass sich in der Bibel öfter findet. Gott ist mit den Ohnmächtigen. Gott ist mit den Frauen, die nichts mehr zu verlieren haben und die am Rande der von Männern beherrschten Gesellschaft versuchen zu überleben mit welchen Mitteln auch immer.

Und das gefällt mir am Buch Ruth so gut. Hier finden zwei Frauen zusammen, die sich eigentlich nicht verstehen dürften. Schwiegertochter und Schwiegermutter – das ist eine sprichwörtlich schwierige Beziehung. Israelitin und Moabiterin – Feinde auf ewig! Jüngere und ältere Frau – die Konkurrenz überhaupt. Und trotzdem ist das, was die jüngere zur älteren sagt, der beliebteste Trauspruch aller Zeiten: „Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.“ Sie halten zusammen, weil sie müssen. Aber scheinbar verstehen sie sich auch gut. Und das ist ein besonderer Glücksfall. Die jüngere hört auf den Rat der älteren. Und die ältere versucht dafür zu sorgen, dass die jüngere eine Zukunft hat und versorgt wird und eine Familie gründen kann. Beide tun, was sie können und gehen gefährliche Risiken ein, weil sie müssen. Und das belohnt Gott.

Eine schöne und realistische Geschichte voller Gefahr und mit Happy End. Gott ist für die da, die es schwer haben. Ein guter Satz.

Und wer schon auf ein paar Jahre Lebenserfahrung zurück blickt weiß, wir alle haben es schwer. Und wenn ein Leben von außen noch so einfach und ordentlich und mühelos aussieht. Das stimmt nicht. Es gibt niemanden, der die fünfzig überschritten hat und nicht ein paar wirklich schlechte Jahre dazwischen hatte – mit großen Sorgen um nahestehende Menschen oder mit finanziellen Problemen oder mit Krankheiten oder mit Mühe morgens aus dem Bett zu kommen und abends einzuschlafen, mit Ärger in wichtigen Beziehungen und im Job oder Zeiten, in denen man sich selbst nicht ausstehen konnte. Und selbst, wenn wir keine Hungersnot erlebt haben wie Noami oder nicht Ehemann/Ehefrau oder Kinder verloren haben wie Ruth und Noami, leicht ist es für niemanden. Das Leben ist gefährlich und hält viele Enttäuschungen für uns bereit. Und in all dem ist Gott gegenwärtig, und schreibt auf den krummen Linien unserer Lebensläufe gerade und bezieht uns ein in seine Geschichte mit dieser Welt und macht aus dem was wir tun, etwas Gutes für die Zukunft. Darauf können wir uns verlassen heute, und alle Tage unseres Lebens. Uns bleibt also nur noch so schlau und gewitzt und miteinander das zu tun, was gerade dran ist und die Chancen zu nutzen, die Gott uns über den Weg schickt. Und dann wird es auf die eine oder andere Art durch alles Furchtbare hindurch ein Happy End geben. Auch wenn wir dieses Ende noch nicht sehen können.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinn in Christus Jesus zum ewigen seligen Leben!

Gott segne euch und behüte euch, Gott lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig, Gott erhebe sein Angesicht auf euch und schenke euch Frieden. Amen

%d Bloggern gefällt das: