Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.
Liebe Gemeinde, in jeder Krise liegt eine Chance. Das hört man jetzt oft. Das sagen die, die uns Mut machen wollen. Die Folgen von Corona sind schlimm. Aber wir werden uns besser aufstellen mitten in der Krise und dann wird es besser werden. Ich habe nicht rausbekommen, wer diesen Satz erstmals geprägt hat. Ich vermute mal, dass der Satz aus der Psychotherapie kommt.
Unser Predigttext heute ist eine biblische Geschichte, die diesen Satz anschaulich macht. Wir können genau schauen, wie hier der spätere Apostel Simon Petrus die Gelegenheit beim Schopf ergreift und aus einer eher kleinen Krise eine große Chance macht. Wie er eine Entscheidung trifft am wohl wichtigsten Wendepunkt seines Lebens. Und wir können versuchen, zu verstehen, warum er diese Entscheidung so trifft. Und hoffen, dass etwas davon abfärbt auf unsere Entscheidungen. Dass etwas davon unseren Umgang mit Krisen prägt.
Ich lese aus Lukas 5 die Verse 1-11 in der Übersetzung der Basisbibel.
Einmal drängte sich die Volksmenge um Jesus und wollte hören, wie er Gottes Wort verkündete. Jesus stand am See Gennesaret.
2 Da sah er zwei Boote am Ufer liegen. Die Fischer waren ausgestiegen und reinigten die Netze.
3 Jesus stieg in eines der Boote, das Simon gehörte. Er bat Simon, ein Stück vom Ufer wegzufahren. Dann setzte er sich und sprach vom Boot aus zu den Leuten.
4 Als Jesus seine Rede beendet hatte, sagte er zu Simon: »Fahre hinaus in tieferes Wasser! Dort sollt ihr eure Netze zum Fang auswerfen!«
5 Simon antwortete:»Meister, wir haben die ganze Nacht hart gearbeitet und nichts gefangen. Aber weil du es sagst, will ich die Netze auswerfen.«
6 Simon und seine Leute warfen die Netze aus. Sie fingen so viele Fische, dass ihre Netze zu reißen drohten.
7 Sie winkten die Fischer im anderen Boot herbei.
Sie sollten kommen und ihnen helfen. Zusammen beluden sie beide Boote, bis sie fast untergingen.
8 Als Simon Petrus das sah, fiel er vor Jesus auf die Knie
und sagte: »Herr, geh fort von mir! Ich bin ein Mensch,
der voller Schuld ist!«
9 Denn Schrecken ergriff ihn und die anderen, die dabei waren, weil sie einen so gewaltigen Fang gemacht hatten.
10 So ging es auch Jakobus und Johannes, den Söhnen von Zebedäus. Sie arbeiteten eng mit Simon zusammen.
Da sagte Jesus zu Simon: »Hab keine Angst!
Von jetzt an wirst du ein Menschenfischer sein!«
11 Da zogen sie die Boote an Land, ließen alles zurück
und folgten Jesus.
Die Krise des Fischers Simon ist, dass er nichts gefangen hat. Er weiß doch eigentlich genau, wie man das macht, auf was man achten muss. Aber es ist schiefgegangen. Sein ganzes Erfahrungswissen hat nichts genützt. Vermutlich ist das für die Ernährung seiner Familie gleich bedrohlich.
Gerade ist der junge Zimmermann Jesus wegen großer Ansprüchen, die er beim Synangogengottesdienst vorgebracht hat, aus dem Ort geworfen worden. Er hat wohl den Anspruch, dass die großen Verheißungen mit ihm erfüllt werden. Dass Blinde sehen sollen, Gefangene frei sein sollen, weil die frohe Botschaft der Befreiung von Gott kommt. Jetzt hat er eine beeindruckende Predigt im Synagogengottesdienst im Nachbarort Kapernaum gehalten, direkt am See Gennezareth gelegen. Er hat einen Dämon ausgetrieben, die Schwiegermutter des Simon Petrus geheilt und viele andere Kranke. Die Menge will ihn hören mitten im Alltag hier am Ufer des Sees. Jesus bittet Simon Petrus, das Boot etwas hinaus zu fahren und setzt sich hin wie ein Lehrer. Der Wind vom See verstärkt so seine Worte für die Menge der Menschen. Wir wissen nicht, was Jesus gepredigt hat. Vielleicht hat er Gleichnisse erzählt wie das vom Sauerteig, der alles durchwirkt, so wie das Reich Gottes, die gute Botschaft der Befreiung, die auf Dauer alles durchdringen wird. Oder Geschichten wie die vom verlorenen Sohn mit der Botschaft: Gott wendet sich gerade denen zu, die ihn besonders brauchen. Oder so etwas wie die Bergpredigt mit der Aufforderung: Sorget nicht, denn euer himmlischer Vater sorgt für euch.
Dann fordert Jesus den Simon Petrus auf, hinaus auf den See zu fahren und das Netz auszuwerfen. Simon Petrus erzählt von dem vergeblichen Fang die ganze Nacht über. „Aber weil du es sagst, will ich die Netzte auswerfen“ Er tut es entsprechend und der Fang ist überreichlich. Er braucht die Hilfe der anderen, um mit dieser Überfülle fertig zu werden.
Petrus ist erschrocken und fällt vor Jesus auf die Knie. Hier ist eine Macht, die erschütternd ist. Er erkennt, wie wenig er zu dieser Macht passt, für dieser große Macht geeignet ist. „Herr, geh fort von mir! Ich bin ein Mensch, der voller Schuld ist!“
Jesus sagt: Hab keine Angst! Von jetzt an wirst du ein Menschenfischer sein! Er meint damit: du wirst Menschen vom Verderben retten, indem du ihnen die Botschaft der Befreiung bringst. Du wirst mit dieser großen Macht in Verbindung sein und für sie wirken.
Petrus und seine Freunde Jakobus und Johannes verlassen alles und ziehen mit Jesus durchs Land. Dieser Wanderrabbi bildet sie aus und das ist als ob sie im Lotto gewonnen hätten. Für diese große Chance hält die Familie zusammen und schafft das auch ohne die 3.
Die Krise ist eine Chance. Was macht Simon Petrus, damit das wahr wird?
Erstens: er ist hilfsbereit, obwohl er gerade ziemlich genervt ist von der ergebnislosen Nachtarbeit ohne einen einzigen Fisch. Er unterbricht das Netzflicken und fährt Jesus raus aufs Wasser. Zweitens: er stellt sein Berufswissen und sein Erfahrungswissen nach hinten und hört auf die ungewöhnlichen Worte Jesu. Er hat ja schon bewiesen, dass er mit der göttlichen Macht in Verbindung steht. Simon Petrus hört damit also auf die Wort Gottes. Nicht in der Synagoge oder aus Bibelworten, sondern in der Begegnung mit diesem ungewöhnlichen Menschen. Als dann der Schrecken über den riesigen Fang ihn ergreift, ist Simon Petrus bereit, demütig zu sein. Er kniet sich hin vor Jesus. Und er ist bereit, was von seinen Schattenseiten zu sehen. „Ich bin ein Mensch, der voller Schuld ist“ In der Ausbildung bei Jesus wird er noch oft seinen Schattenseiten begegnen. Als er Jesus vom Leidensweg abhalten will aus Freundschaft, fährt Jesus ihn an: Du Satan. Du Verführer. Und dann am Ende verleugnet er Jesus dreimal bevor der Hahn drei mal kräht. Der Hahn auf den evangelischen Kirchen erinnert uns daran. So groß sind die Schattenseiten der Menschen. So groß sind auch die Schattenseiten der Christen. Selbst der besten Christen wie Simon Petrus.
Und dann ist er bereit, eine große Veränderung einzugehen. Er geht mit Jesus durchs Land. Er lernt von Jesus predigen und heilen. Und dann wird er der erste Gemeindeleiter in Jerusalem, obwohl er gerade Jesus verleugnet hat. Vielleicht weil er so von seinen Schattenseiten weiß.
Also, Simon Petrus musste einiges an sehr unbequemen Veränderungen auf sich nehmen, damit aus der Krise eine Chance wurde. Ich versuche einmal, seine Schritte auf heute zu übertragen.
Hilfsbereitschaft bekommen wir glaube ich alle hin. Aber wenn wir gerade genervt sind von einem Misserfolg ist es schon schwieriger. Trotzdem hilfsbereit zu sein, das ist eine Kunst. In die müssen wir uns ein Leben lang einüben.
Unser Erfahrungswissen nach hinten stellen und auf die göttliche Stimme hören, das ist wirklich schwer. Zumal die göttliche Stimme an ungewöhnlichen Orten zu uns dringen kann. Hier hilft es nur, offen zu sein. Offen zu sein für den Heiligen Geist, der weht, wo er will. Im Gespräch mit Gott zu bleiben. Und offen für das Überraschende, das von Gott kommt. Das Überraschende, das mich fordert und verändert.
Wenn wir erschüttert werden und denken, dass Gott groß und heilig und mächtig ist und weit weg: hinknien, unsere Schuld bekennen und auf den Auftrag hören, der dann kommt. Das ist jetzt ein Kapitel, das kommt spät im Lehrbuch des christlichen Glaubens. Aber vielleicht können wir uns merken: in uns in der Impuls: geh weg. Du bist zu groß und mächtig und gefährlich für mich. Dann ist es gut, wenn Jesus mit im Boot ist und unser Gesprächspartner ist. Auch für diesen Impuls: geh weg.
Und dann kommt die große Anforderung. Ein neuer Auftrag. Andere für die große Sache der Befreiung durch Gott gewinnen. Obwohl ich ja selbst mit mir und meinen Schattenseiten genug zu tun habe. Aber Simon Petrus geht mit. Er lernt so gut er kann in den vermutlich 3 Jahren, die er mit Jesus durchs Land zieht. Und er ist eigentlich noch lange nicht fertig, als Jesu Schicksal ihn durch Kreuz und Auferstehung hindurch führt. Und doch geht es irgendwie. Es kommt ja der Heilige Geist. Die göttliche Stimme, die Jesu Worte und Jesu Handeln neu in Wirkung setzt.
Wenn unsere Krisen Chancen sein sollen – dann haben wir hier ein Vorbild und ein Modell. Ich wünsche uns allen, dass wir möglichst viel davon lernen. Und dass die göttliche Fülle größer ist als all unser Misslingen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus zum ewigen, seligen Leben. Amen.