5. Sonntag nach Trinitatis 4.7.21 Albrecht Burkholz

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Vor wem haben wir Respekt?

Liebe Konfis, ich vermute mal, Ihr habt Respekt vor Menschen, die etwas leisten. Also z.B. einem guten Fußballspieler. Ihr habt vermutlich Respekt vor Menschen mit einer Rolle, Lehrern z.B. Auch wenn ein Lehrer oder eine Lehrerin Dinge tut, die ihr nicht gut findet oder über die ihr euch ärgert oder ungerecht findet oder unfair, so bleiben sie doch in dieser Rolle Respektpersonen.

Wir haben in unserer Gesellschaft Respekt vor Menschen, die etwas gut können oder viel wissen. So war es damals auch zur Zeit des Apostels Paulus kurz nach Jesu Tod so ungefähr im Jahr 50. Die Griechen hatten Respekt vor Weisheit. Das Ideal war ein Philosoph, der kluge Gespräche führt und im Gespräch bei seinen Gesprächspartnern neue Einsichten und Ideen hervorruft. Die Juden hatten Respekt vor Wundertätern. Wenn ein frommer Mann Kranke heilte oder gar Tote auferweckte, das war was. Davor hatte man Respekt.

Der Apostel Paulus verkündigt das Evangelium von Jesus Christus, der gekreuzigt wurde und auferweckt wurde. Und Paulus stellt fest: das gefällt den Griechen nicht. Das klingt nicht nach schicker Philosophie und netten unverbindlichen Gesprächen. Und die Juden können sich nicht vorstellen, dass ein Gottesmann am schändlichen Kreuz endet. Das ist die Todesstrafe für Verbrecher. Wir haben eben den Predigttext gehört.

Die Botschaft vom Kreuz und die Weisheit der Welt

  1. Korinther 1, 18-25

18Die Botschaft vom Kreuz erscheint denen,

die verloren gehen, als eine Dummheit.

Aber wir, die gerettet werden,

erfahren sie als Kraft Gottes.

19Denn in der Heiligen Schrift steht:

»Ich will die Weisheit der Weisen auslöschen

und von der Klugheit der Klugen nichts übrig lassen.«

20Wo sind jetzt die Weisen, wo die Schriftgelehrten,

wo die wortgewaltigen Redner unserer Zeit?

Hat nicht Gott die Weisheit dieser Welt

als Dummheit entlarvt?

21Die Weisheit Gottes zeigt sich in dieser Welt.

Aber die Welt hat ihn mit ihrer Weisheit nicht erkannt.

Deshalb hat Gott beschlossen,

durch eine scheinbar unsinnige Botschaft

alle Glaubenden zu retten.

22Die Juden wollen Zeichen sehen.

Die Griechen streben nach Weisheit.

23Wir dagegen verkünden Christus, den Gekreuzigten:

Das erregt bei den Juden Anstoß

und für die anderen Völker ist es reine Dummheit.

24Christus ist Gottes Kraft und Gottes Weisheit.

Das verkünden wir allen, die berufen sind –

Juden wie Griechen.

25Denn was an Gott als dumm erscheint,

ist weiser als die Menschen.

Und was an Gott schwach erscheint,

ist stärker als die Menschen.

Wenn Gott an uns wirkt, dann kommt die Frage, vor wem wir Respekt haben, durcheinander. Dann zählen nicht mehr nur die, die etwas wissen oder können. Denn Gott wirkt durch Jesus, den Gekreuzigten. Gott wirkt durch Jesus, der gescheitert ist. Wir werden erschüttert in unserer Wahrnehmung der Welt. Vielleicht zählt nicht nur, wer etwas weiß. Vielleicht zählt nicht nur, wer etwas kann. Vielleicht zählt ein Mensch, der sich öffnet für die Kraft Gottes, die viel stärker ist als alles, was Menschen wissen und können.

Die Kraft Gottes ist sehr wirksam. Aber sie kann durch das Gegenteil hindurch wirken. Durch das Kreuz. Durch die Schwäche. Durch das Scheitern. Durch die Ohnmacht. Durch das Leiden. Durch das, was in den Augen der Menschen nichts gilt. Durch etwas, vor dem niemand Respekt hat.

Wir Christinnen und Christen sollten noch heute damit rechnen. Gott wirkt an überraschenden Orten und in überraschenden Menschen. Und unsere Ordnung der Welt zählt im Vergleich dazu wenig. Ja, wir können noch nicht einmal die Kraft Gottes richtig erfassen. Wer die Kraft Gottes spüren will, der muss an Jesus, den Gekreuzigten, glauben. Der muss sich darauf einlassen, dass dieser Gekreuzigte unsere Ordnung durcheinanderbringt.

Es ist gut, wenn wir etwas wissen. Es ist gut, wenn wir etwas können. Aber wir sind vielleicht viel offener für Gott, wenn wir scheitern. Wir sind viel offener für das, was sich bei uns ändern muss, wenn wir auf die Nase fallen und hilflos sind.

Evangelische Christinnen und Christen arbeiten gerne und gut und sind im allgemeinen erfolgreich. Wir hören die Botschaft: es kommt nicht auf unsere Leistung an. Und gerade das befreit offensichtlich zu guten Leistungen. Aber wir sollten nie vergessen: wenn wir scheitern, dann sind wir dem Gekreuzigten besonders nah. Dann sind wir besonders offen für Gottes Kraft, die in uns Gutes und Heilsames bewirken will. Und durch uns etwas Gutes für die Welt.

Im Endeffekt sollen wir schon unser Wissen und Können verbessern. Also, liebe Konfis, es gibt heute nicht die Botschaft: gute Noten sind unwichtig. Ihr könnt ruhig etwas abhängen. Aber wer wir sind, das wird nicht nur durch Wissen und Können bestimmt. Wir sind durch die Taufe mit Jesus, dem Gekreuzigten, verbunden. Und das heißt: auch das Scheitern, das Leiden, die Ohnmacht gehören zu unserem Christsein. Auch dann sind wir nicht gottverlassen. Sondern gerade dann sind wir Jesus Christus, dem Gekreuzigten, besonders nahe. Wir sind geliebt und anerkannt und respektiert, auch wenn etwas nicht klappt. Und wir lieber und respektieren andere, auch wenn bei denen etwas nicht klappt.

Wir Christinnen und Christen wissen, dass Scheitern zum Leben dazu gehört. Und deshalb können wir mit Gescheiterten freundlich und auferbauend umgehen.

Das Kreuz ist denen ein Torheit, die Weisheit lieben. Und denen ein Ärgernis, die religiöse Großtaten lieben. Noch heute beschweren sich eine Menge Leute über die Kreuze in den Kirchen. Wir haben heute verstanden, wieso die Kreuze gut sind. Das Leiden gehört dazu. Das Scheitern gehört dazu. Und deshalb gehören wir mit allem, was uns das Leben schwer macht, in die Kirche. Wir können gerade mit dem, was bei uns unfertig ist, mit dem, womit wir unzufrieden sind, zu Gott kommen. Und dort finden wir Respekt. Mehr Respekt als wir verdient haben. Damit wir uns selbst respektieren und uns nicht in Selbstmitleid suhlen, sondern uns mutig auf den christlichen Weg machen.

In der Botschaft vom Kreuz steckt Gottes Kraft, die wir erfahren, die wir gerettet werden. Dazu müssen wir uns öffnen für die Kraft Gottes. Und unser Aufnahmeorgan ist offenbar manchmal unser Scheitern und unser Schmerz und unsere Bedürftigkeit. 

Die Messeler sagen: Jedes Häusche hat sei Kreuzche. Oder unter jedem Dach ein Ach.

Deshalb ist jedem von uns Gott nah. Denn in dem Kreuz steckt das Aufnahmeorgan für die Gotteskraft. 

Wir haben Augen, um zu sehen. Ohren, um zu hören. Und das Kreuz, das was schwierig ist bei uns, um die Gotteskraft zu brauchen, zu empfangen und wirksam werden zu lassen.

Unser Kreuz hat was mit dem Kreuz Jesu zu tun. An Jesus sehen wir, dass man das Kreuz geschehen lassen kann. Und dann kommt eine Gotteskraft und bewirkt die Auferweckung. Das ist das Schicksal des Gottessohnes und damit das Lebensmodell des Helden, der die Welt rettet. Und wir sind mit dem Gottessohn Jesus Christus verbunden. Wir nehmen das Kreuz auf uns, wir nehmen es an, was schwierig ist in unserem Leben. Und wir beten und hoffen auf die Gotteskraft, die alles verwandelt. Eine Kraft, die alle Weisheit und alles Können dieser Welt in den Schatten stellt.

Der Apostel Paulus war ein sehr erfolgreicher Missionar. Die ganze damals bekannte Welt hat er bereist und die Botschaft vom gekreuzigten Jesus Christus überall hingebracht. So erfolgreich war diese Mission, dass es heute 2 Milliarden Christen gibt, ein Viertel der Weltbevölkerung.

Hier in unserem Predigttext stellt Paulus fest: also das wird schwer mit dem Marketing. Das, was ich verbreiten will, ist sehr unbeliebt. Und trotzdem war Paulus sehr erfolgreich. Vielleicht weil er das am eigenen Leib erfahren hat. Er hatte wohl eine Krankheit, die er trotz beten nicht loswurde. Er redet von einem Stachel im Fleisch. Er wusste, dass er auf die Gotteskraft angewiesen ist, denn er hörte die Botschaft Gottes bezüglich seiner Krankheit: meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Und er wusste, was Scheitern ist. Er hat Christen verfolgt und getötet. Dann begegnet ihm Christus als Lichterscheinung, die ihn vom Pferd wirft und blind werden lässt. Erst nach 3 Tagen wird er geheilt von einem Christen in Damaskus, den er doch eigentlich töten wollte. Das ist wirklich ein Scheitern. Mit dieser Schuld musste er leben. Das war sein Kreuz.

Und daraus ist eine große Kraft geworden. Das Kreuz wird verwandelt. Und so kommt Gottes Kraft in unser Leben.

Möge dies bei uns wirksam und wahr werden.

Und der Friede Gottes…

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