Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.
Liebe Gemeinde, heute sind wir beim dritten Teil unserer Sommerpredigtreihe: Jesus streitet. Wir haben uns damit beschäftigt, dass Jesus sich mit den Pharisäern streitet, denen das Einhalten der Gesetze wichtig ist. Wir haben gehört, dass Jesus seinen Jüngern viel zutraut und sauer ist, wenn sie nur an sich denken. Heute geht es um die Sadduzäer.
Wer sind die Sadduzäer? Es sind die Priesterfamilien, die alle politischen Entscheidungen im Hohen Rat treffen. Sie haben sich mit den Römern, der Besatzungsmacht, halbwegs geeinigt. Sie gucken, dass alles möglichst ohne Reibungen abgeht, denn ihnen geht es gut, so wie es ist.
Für die Sadduzäer sind nur die 5 Bücher Mose einzuhalten und sie lehnen die Auferstehung ab. Das haben wir gerade in der Evangelienlesung gehört. Jesus sagt ihnen: Gott ist ein Gott der Lebenden und nicht der Toten. Wer zu Gott gehört, gehört zum Leben.
In der Lesung aus der Apostelgeschichte haben wir gehört, dass die alte Leitung, die Sadduzäer, eifersüchtig sind auf den Erfolg der ersten Christen. Sie lassen die Apostel, die engsten Freunde von Jesus, ins Gefängnis werfen. Ein Engel befreit sie in der Nacht und sie predigen unverfroren und ohne Angst in aller Öffentlichkeit am Tempel.
Die Geschichte erzählt, wie die alte Macht schwindet. Es nützt noch nicht mal, die neue kommende Macht ins Gefängnis zu werfen. Als das erzählt wird, haben die Sadduzäer schon ihre Macht verloren. Jerusalem ist im Jahr 70 zerstört worden und Juden dürfen dort nicht mehr leben. Aber die Christen sind noch eine verfolgte kleine Minderheit. Erst mehr als 200 Jahre später werden sie das römische Reich von innen heraus besiegen. Aber dieses Siegesbewusstsein, das zeigt sich schon in unseren biblischen Texten.
Die frühen Christen haben es miterlebt. Jesus ist der Sieger. In den Streitgesprächen hat er die Gegner entwaffnet. Die Krankheiten hat er geheilt. Die bösen Mächte, die Dämonen, hat er ausgetrieben. Er hat sich kreuzigen lassen, aber Gott, der Gott der Lebenden, hat ihn nicht im Tod gelassen. Und die Christen, die in seinem Namen und von seinem Geist erfüllt seine Sache fortführen, sind auch durch Verfolgung nicht klein zu kriegen.
Liebe Gemeinde, das sage ich in einem schlecht besuchten Sommergottesdienst. Corona hat den Gottesdienstbesuch verkleinert und wir wissen nicht, wie es zukünftig weitergeht. Die Kirchen verlieren Mitglieder und Ansehen und Einfluss. Gehören Christen heute noch zu den Siegern? Oder gehören wir Christen wie die Sadduzäer damals zu einer vergehenden und untergehenden Macht?
Bei der letzten Dekanatssynode stand ich in der Pause mit zwei jungen Kollegen aus dem Odenwald zusammen. Der eine hatte gerade 2 Beerdigungen gemacht mit vielen Besuchern, die nach seinem Gefühl gut gelaufen waren. Aber sie hatten ihn Kraft gekostet. Der andere Kollege hatte einen vollen Tag hinter sich mit einer Sitzung nach der nächsten. Da kam noch ein Mann überraschend zu ihm, der in die Kirche eintreten wollte und er brauchte einen Augenblick, um sich auf die neue Situation einzustellen. Er sagte zu dem Besucher: Geben Sie mir einen Augenblick. Ich muss erst mal richtig ankommen. Dann bin ich gleich richtig bei Ihnen.
Was ich damit sagen will: die evangelische Kirche ist noch lebendig und sie wird noch gebraucht. Ich weiß, dass eine Oma oder Tante großen Einfluss in ihrer Familie hat, was Glaube, Liebe und Hoffnung in den kommenden Generationen anbetrifft. Und ich weiß, was ihr Konfis denkt und glaubt und wofür ihr brennt, das hat Einfluss auf die Welt. Dass ihr euch mit dem christlichen Glauben ausführlich in der Konfizeit auseinandersetzt, das ist eine wichtige Grundlage, damit ihr nie das Vertrauen verliert und die Hoffnung aufgebt und euch von der Liebe abwendet. Wir brauchen die Gemeinschaft der Christen, ja aller Menschen guten Willens, damit Glaube, Liebe und Hoffnung siegen in dieser Welt. Sie sind immer gefährdet. Das erzählt die Bibel. Das zeigt Jesus am Kreuz. Aber dass das Kreuz auf dem Altar in einer schönen Kirche, umgeben von Blumen, steht, das zeigt: Jesus siegt. Gott lässt ihn nicht im Tod. Ja, es gibt Leiden. Es gibt auch bittere Niederlagen: ein enger Freund verrät Jesus. Ein enger Freund verleugnet Jesus. Jesus geht auf seinen Tod zu und seine Freunde kümmern sich nur um ihren eigenen Kram. Am Kreuz sind nur die Frauen bei ihm. Die Männer sind aus Angst geflohen.
Es gibt Niederlagen. Aber am Ende steht der Sieg. Der Jesus, den sie gekreuzigt haben, sitzt zur Rechten Gottes und ist der Weltenrichter. Majestätisch. Königlich. Stark. Und zu diesem königlichen Weltenrichter und Sieger Jesus Christus gehören wir Christen.
Die Kirche muss immer reformiert und verändert werden. Vielleicht gehört manches zu den untergehenden Sadduzäern. Zum Beispiel könnte man mal damit aufhören in den Gemeinden zu kürzen. Das würde der Kirche und den Orten gut tun. Und vielleicht wäre es gut, wenn Leute nicht soviel Berührungsängste vor den Pfarrern hätten. Ich merke, wenn ich zum Beerdigungscafe gehe manchmal wie jemand aufatmet, weil ich mich nicht neben ihn gesetzt habe. Das ist nicht nötig, schließlich beiße ich nicht.
Mir hat vor kurzem eine Frau Folgendes erzählt. Wir hatten Goldene Konfirmation in der Kirche gefeiert. Die Goldenen Konfirmanden hatten mich zum Essen eingeladen. Eine Frau sagte zu Ihrer Freundin: Bitte tausche den Platz mit mir. Was soll ich denn mit dem Pfarrer die ganze Zeit reden? Sie tauschten den Platz. Aber ich habe mich dann doch mit dieser Frau unterhalten, die sich extra von mir weggesetzt hatte. Und hinterher sagte sie zu ihrer Freundin: Der Pfarrer war eigentlich ganz normal. Man konnte sich ganz normal mit ihm unterhalten.
Wenn die Leute mal öfter kommen würden und wenigstens ihre Vorurteile gegenüber Kirche mal auf den neuesten Stand bringen würden, wäre schon viel gewonnen. Denn die Menschen brauchen so dringend die Hilfe und den Trost und die Ermutigung, die im christlichen Glauben zu finden sind.
Egal, was es da an Schutt abzuräumen, an Abwehrgefühlen zu durchbrechen ist, an Vorurteilen zu überwinden ist, an Abgrenzungsbedürfnis zu überspringen ist:
der Kern unseres christlichen Glaubens ist für alle Menschen hilfreich und stärkt uns und gibt uns Mut. Man weiß wenig über die Sadduzäer. Außer, dass sie sich an die Macht geklammert haben. Dass sie den Neuentdeckungen des Glaubens gegenüber nicht aufgeschlossen waren. Ihnen ging es ja gut. Sie hatten keinen Bedarf nach Erneuerung. Keinen Bedarf nach Auferstehung.
Wir versuchen auf die Leute zuzugehen und unseren Glauben zu leben. Denn wir brauchen einander und wir brauchen eine gemeinsame Zukunft. Dazu brauchen wir besonders euch, liebe Konfis. Wir brauchen einige aus eurer Generation, die tiefer einsteigen und sich einbringen. Also die vielleicht Theologie studieren, Pfarrerin oder Pfarrer werden, und dann für die kommenden Generationen das am christlichen Glauben entdecken, was dran ist.
Zum Schluss möchte ich noch erzählen, was der christliche Glaube für mich bedeutet. Ich bin in einer frommen Familie in einem frommen kleinen Dorf im Vogelsberg aufgewachsen. Ich habe den Glauben sozusagen mit der Muttermilch aufgesogen. Und das hat sich in meinem Leben bewährt. Zum Beispiel im letzten Gottesdienst habe ich an meine Töchter gedacht und für sie gebetet. Ich habe mich über die Lieder gefreut und es genossen, sie zu singen. Danach war meine Kehle offen und ichkonnte viel leichter atmen. Danach habe ich noch mit 5 Leuten geplaudert und bin zufrieden nach Hause gegangen. Denn mit anderen zusammen zu beten finde ich soviel einfacher als alleine zu beten. Ich bin dankbar für viele neue Ideen, wie man mit biblischen Texten heute umgehen kann. Ich habe meine ganze Zeit hier in der Gemeinde immer wieder neues erfahren. Margit Buxbaum-Elstner wird im Gottesdienst am August z.B. Bibliotanz machen. Das freut mich sehr. Sie hat dazu eine Fortbildung gemacht und bringt ihre Fähigkeiten in der Gemeinde ein wie viele andere auch, wie es zum Beispiel auch hier vorne auf dem Flipchart steht.
Für mich ist die Kirche eine große Stärkung der Hoffnung. Sie bringt mich in Verbindung mit Gott, der großen Kraft des Segens.
Die Kirche ist nötig, um den Menschen bei den Zumutungen der Zukunft zu helfen.
Helfen Sie alle mit, die Kirche und damit die Möglichkeit des christlichen Glaubens in dieser unserer Gesellschaft stark zu halten.