Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen.
Liebe Gemeinde,
heute am Buß- und Bettag treffen wir uns in der Kirche, um uns zu überlegen, wie unser Leben im Glauben besser werden könnte und wie wir unseren Glauben leben können, dass es uns und anderen davon gut geht. Denn Buße heißt Umkehr. Wir fragen also, wie sollen wir umkehren – unser Leben verändern, um unser Leben und die Welt zu verbessern? Das ist eine anspruchsvolle Frage. Und wir haben heute dazu auch einen anspruchsvollen Predigttext aus der Bergpredigt Jesu. Ich lese
Matthäus 7,12-14
12»Behandelt andere Menschen genau so,
wie ihr selbst behandelt werden wollt.
Denn so steht es im Gesetz und bei den Propheten.«
13»Geht durch das enge Tor!
Denn das Tor zum Verderben ist weit,
und der Weg dorthin ist breit.
Diesen Weg wählen viele Menschen.
14Aber wie eng ist das Tor zum Leben,
und wie schmal ist der Weg dorthin!
Diesen Weg finden nur wenige Menschen.«
Ich glaube den ersten Satz können wir alle unterschreiben: 12»Behandelt andere Menschen genau so, wie ihr selbst behandelt werden wollt. Diese goldene Regel gibt es in vielen Religionen und Philosophien und sie leuchtet unmittelbar ein. Eine negative Formulierung davon hat es sogar zum Sprichwort gebracht: Was du nicht willst, was man dir tu, das füg auch keinem anderen zu. Jesus geht noch einen Schritt weiter. Er formuliert positiv: 12»Behandelt andere Menschen genau so,
wie ihr selbst behandelt werden wollt. Hier fordert die goldene Regel nicht nur auf, Böses zu unterlassen, hier soll man direkt dem anderen Gutes tun.
Wie wollen wir denn selbst behandelt werden?
Natürlich wollen wir gut behandelt werden. Die Leute sollen freundlich und verständnisvoll uns gegenüber sein. Sie sollen uns höflich und zuvorkommend behandeln. Sie sollen uns helfen, wenn wir Hilfe brauchen. Sie sollen anerkennen, wenn wir etwas gut gemacht haben. Sie sollen sich freuen, wenn sie uns sehen und uns ihre Aufmerksamkeit schenken. Vielleicht wünschen wir uns sogar manchmal ein bisschen Kritik, damit wir das nächste Mal etwas besser machen können. Aber nur vielleicht und nicht zuviel davon. Ja, das wäre ein gutes Leben, wenn alle sich uns gegenüber so verhalten würden, wie wir uns das wünschen. Und wenn alle das allen anderen gegenüber so handhaben würden, dann wäre die Welt perfekt – oder?
Leider fordert Jesus nicht nur die anderen auf, uns so zu behandeln. Sondern er fordert in erster Linie uns auf, so mit den anderen umzugehen. Und das ist leider ziemlich anstrengend und funktioniert alles andere als automatisch.
Also wie mache ich das? 12»Behandelt andere Menschen genau so, wie ihr selbst behandelt werden wollt.
Als erstes muss ich die andere Person aufmerksam wahrnehmen. Wie geht es ihr gerade? Wie ist ihre Stimmung? Was hat sie gerade erlebt? Und ich muss nachdenken und mich fragen: Was braucht diese Person gerade jetzt von mir? Und dafür muss ich mich in die andere Person einfühlen. Ich muss Abstand nehmen von meinen eigenen Gedanken und Gefühlen und ich muss mich fragen, was sind die Gefühle und Gedanken der anderen. Erst wenn ich das verstanden habe, kann ich das tun, was die Situation gerade erfordert. Denn dann werde ich freundlich und verständnisvoll handeln, weil ich die andere Person verstehe und Mitgefühl mit ihr habe. Ich kann mich mitfreuen oder mitleiden. Und wir werden uns gut verstehen. Das ist der Idealfall. Und leider passiert das nicht so oft. Was hindert mich also im Normalfall daran, mich an die Goldene Regel zu halten und Jesu Gebot zu erfüllen?
Die Gründe sind vielfältig. Einmal kann es sein, dass ich so von meinen eigenen Gefühlen und Gedanken erfüllt bin, dass ich mich nicht auf die andere Person einstellen kann. Dann habe ich keine Kraft und Energie mehr, mich um andere zu kümmern.
Oft ist es auch Stress und Zeitdruck. Ich behandle jemanden schlecht, weil ich mir nicht die Zeit nehme mir zu überlegen wie es dem anderen geht und was der andere gerade braucht. Und manchmal ist es auch einfach unbequem sich diese Gedanken zu machen. Manchmal bin ich so in einem Tunnel, dass ich nicht mehr nach rechts und links sehen kann, und deshalb gar nicht mitkriege, dass ich gerade jemanden beleidigt habe.
Und manchmal ist es auch Ärger. Ich habe mich über jemanden geärgert. Ich fühle mich selbst schlecht behandelt. Und ich habe den inneren Impuls genau das zurückzugeben. Und den anderen auch zu ärgern. Das ist zwar dumm und hilft nicht weiter. Aber mir passiert es trotzdem noch ab und zu. Auch wenn man den anderen nicht zurück ärgern sollte, ist Ärger doch ein wichtiges Warnsignal, das man erst nehmen sollte. Wenn ich mich ärgere ist das ein Hinweis darauf, dass hier etwas nicht stimmt und ein Problem vorliegt. Dann sollte ich mir die Situation genau ansehen und überlegen, was man daran ändern kann, damit man sich nicht immer wieder über das Gleiche ärgern muss. Und wenn man nichts daran ändern kann, dann kann man wenigstens versuchen etwas äußeren oder inneren Abstand zu bekommen, um den ärgerlichen Situationen aus dem Weg zu gehen.
Manchmal sind es einfach auch fehlende Informationen. Die andere Person hat eine schwierige Erfahrung in ihrer Kindheit gemacht und reagiert dadurch allergisch auf irgendetwas, was ich tue. Und ich verstehe das nicht, weil ich die Geschichte der anderen nicht kenne. Und so kommt es zu Missverständnissen. Wir streiten uns, weil wir nicht verstehen, was der Hintergrund in der Geschichte der anderen ist.
Oder es ist Angst. Die andere Person hat ein so schweres Leben und ein so großes Problem, dass ich davor zurück schrecke und Angst habe, mir könnte auch so etwas zustoßen. Ich drücke mich dann davor, das wahrzunehmen, was es an Schrecklichem in der Welt geben kann. Und ich will nicht aus meiner bequemen Nicht Wahrnehmung der Schrecken unserer Welt gerissen werden. Dazu kommt dann manchmal noch, dass ich nicht besonders einfühlsam bin, weil ich auch Angst habe etwas Falsches zu sagen oder etwas Falsches zu tun und die andere Person noch mehr zu verletzen.
Offensichtlich ist es schwerer als man denkt, andere freundlich, verständnisvoll und zugewandt zu behandeln und sie so zu behandeln wie man selbst behandelt werden möchte.
Also, die goldene Regel Jesu klingt erstmal einfach und einleuchtend. Aber wenn man dann versucht sie umzusetzen, wird deutlich wie schwer das ist. Und wir erleben immer wieder, dass wir an dem Wunsch nach dieser Regel zu leben, scheitern.
Das Problem sieht Jesus auch. Er fordert uns auf:
13»Geht durch das enge Tor!
Denn das Tor zum Verderben ist weit,
und der Weg dorthin ist breit.
Diesen Weg wählen viele Menschen.
14Aber wie eng ist das Tor zum Leben,
und wie schmal ist der Weg dorthin!
Diesen Weg finden nur wenige Menschen.«
Ja, stimmt. Wie oft denke ich: Ich habe doch versucht es richtig zu machen. Und es ist doch wieder schief gegangen. Ich dachte, ich hätte den richtigen Weg gewählt und dann war es doch wieder falsch. Mist! Es gelingt mir so selten durch das Tor des Lebens zu gehen. Und dann lande ich so oft wieder auf dem Weg zum Verderben. Und es geht anderen und mir selbst schlecht von dem, was ich getan habe.
Deshalb feiern wir heute Buß- und Bettag. Wenn ich mal wieder den breiten Weg ins Verderben gewählt habe, statt dem engen Weg, der ins Leben führt, dann ist es Zeit umzukehren und wieder den richtigen Weg zu suchen. Das ist Jesu Verheißung, dass wir den Weg ins Leben finden können, wenn wir immer wieder unsere eigenen Fehler einsehen und nach dem guten Leben für alle suchen.
und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinn in Christus Jesus zum ewigen seligen Leben!