Ein Engel am Brunnen 14.4.24 Albrecht Burkholz

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des  Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Gemeinde, wir haben heute den zweiten Sonntag nach Ostern. Dieser Sonntag hat den Namen: Misericordias Domini. Es geht also um die Barmherzigkeit, das Erbarmen, die freundliche Zuwendung Gottes. Dazu erzählt unser Predigttext eine Geschichte. Achten Sie darauf, wie die Barmherzigkeit Gottes hier auftaucht oder vielleicht auch das ist, was zunächst gar nicht zu sehen ist. Ich lese 1. Mose 16,1-16

161Abrams Frau Sarai hatte keine Kinder bekommen.

Sie hatte eine ägyptische Magd, die hieß Hagar.

2Sarai sagte zu Abram:

»Der Herr hat mir Kinder verweigert.

Geh doch zu meiner Magd!

Vielleicht kann ich durch sie ein Kind bekommen.«

Abram hörte auf Sarai.

3So gab Sarai ihrem Mann Abram

ihre ägyptische Magd Hagar zur Nebenfrau.

Abram wohnte damals schon zehn Jahre im Land Kanaan.

4Er schlief mit Hagar, und sie wurde schwanger.

Als sie merkte, dass sie schwanger war,

sah sie auf ihre Herrin herab.

5Da sagte Sarai zu Abram:

»Mir geschieht Unrecht, und du bist schuld.

Ich war es doch,

die dir meine Magd gegeben hat.

Kaum ist sie schwanger, sieht sie auf mich herab.

Der Herr soll zwischen dir und mir entscheiden!«

6Abram antwortete Sarai:

»Sie ist deine Magd und in deiner Hand.

Mach mit ihr, was du für richtig hältst.«

Daraufhin behandelte Sarai ihre Magd so schlecht,

dass diese ihr davonlief.

7Ein Engel des Herrn fand Hagar

an einer Wasserquelle in der Wüste.

Sie war am Brunnen auf dem Weg nach Schur.

8Der Engel fragte: »Hagar, du Magd Sarais,

wo kommst du her und wo gehst du hin?«

Sie antwortete:

»Ich bin auf der Flucht vor meiner Herrin Sarai.«

9Da sagte der Engel des Herrn zu ihr:

»Kehre zu deiner Herrin zurück

und ordne dich ihr unter!«

10Weiter sagte der Engel des Herrn zu ihr:

»Ich werde deine Nachkommen so zahlreich machen,

dass man sie nicht zählen kann.«

11Der Engel des Herrn fügte hinzu:

»Du bist schwanger

und wirst einen Sohn zur Welt bringen.

Den sollst du Ismael, ›Gott hat gehört‹, nennen.

Denn der Herr hat dich gehört,

als du ihm deine Not geklagt hast.

12Dein Sohn wird heimatlos sein wie ein Wildesel.

Er wird mit allen im Streit liegen

und getrennt von seinen Brüdern wohnen.«

13Hagar gab dem Herrn, der mit ihr geredet hatte,

den Namen El-Roi, das heißt: Gott sieht nach mir.

Denn sie hatte gesagt:

»Hier habe ich den gesehen, der nach mir sieht.«

14Darum nannte man den Brunnen Beer-Lahai-Roi,

das heißt: Brunnen des Lebendigen, der nach mir sieht.

Er liegt zwischen Kadesch und Bered.

15Hagar brachte Abrams Sohn zur Welt.

Er nannte den Sohn, den Hagar geboren hatte, Ismael.

16Abram war 86 Jahre alt,

als Hagar Ismael zur Welt brachte.

In der  Geschichte als Ganzes betrachtet geschieht etwas von der freundlichen Zuwendung Gottes. Im Nachhinein können wir das sehen. Aber zunächst gibt es für die Menschen Bitteres  zu verarbeiten.

Abrahams Frau Sara kann keine Kinder bekommen. Dabei hat Gott den beiden doch versprochen, dass ein großer Segen auf sie wartet und dass ein großes Volk von ihnen hervorgehen soll. Wie soll man das aushalten, dass die Jahre ins Land gehen, die beiden immer älter werden, und ein Kind nicht zu sehen ist.

Sara nimmt das Problem in die Hand. Sie hat eine Sklavin aus Ägypten. Sie heißt Hagar. Sie ist jung. Damals gab es die Sitte, dass die Sklavin für die Herrin ein Kind bekommen kann. Sara sagt Abraham, er soll dafür sorgen. Unsere modernen Fragen von Eifersucht tauchen hier nicht auf. Die Gefühle sind sicher da. Wir könnten ein Buch darüber schreiben. Einen Film darüber drehen. Aber Sara steht unter Druck. Abraham ist 86 Jahre alt und auch sie selbst ist schon alt. Das Problem muss gelöst werden. Und Gott hat etwas versprochen. Aber das Versprechen lässt auf sich warten. Die Jahre gehen ins Land. Und das Vertrauen eines Menschen ist begrenzt.

Hagar wird schwanger. Und das bringt die Beziehungen zwischen der Herrin und der Sklavin durcheinander. Abraham hält sich raus und gibt seiner Frau freie Hand. Sie vertreibt die Sklavin. Soll sie doch in der Wüste sterben.

Hagar ist geschockt. Eben noch war sie nicht mehr nur die Sklavin, sondern die baldige Mutter des ersehnten Erben. Jetzt ist sie in die Wüste hinausgetrieben, dem Tod preisgegeben.

Jetzt, das Drama ist zuspitzt bis zum Äußersten, jetzt greift Gott ein. Ein Engel taucht auf. Er wirkt nicht süßlich klein, sondern mächtig. Mitten in der größten Krise bringt er die Umkehr und die Lösung.

Aber was ist das für eine Lösung? Hagar soll zurück gehen in diese unhaltbare Situation. Sie soll sich unter die Hand Saras, ihrer Herrin, demütigen.

Was ist anders?

Der Engel sagt ihr: ich habe dich gesehen. Die Sklavin hat eine Gottesbegegnung. Über Jahrhunderte hinweg hat der Brunnen der Gottesbegegnung den Namen behalten: der Gott, der mich sieht. Ihr Sohn bekommt eine Verheißung und einen Namen von Gott: Ismael: Gott hat gehört.

Abraham und Sara bekommen keine Anweisungen von einem Engel. Wir wissen also nicht, wie es Hagar nach dem Zurückkommen ging. Was sich verändert hat, ist ihr Wissen und Glauben: Gott ist an meiner Seite. Mein Sohn hat eine Zukunft, die mit Gott zu tun hat. Auch wenn in dieser Zukunft viel Streit mit seinen Brüdern liegt.

Wie geschieht hier die Barmherzigkeit Gottes? Wie wendet sich Gott freundlich den Menschen zu?

Die Zuwendung Gottes geschieht durch schwere Schicksale hindurch. Sara löst ein Problem, weil Gott so lange auf sich warten lässt. Abraham hält sich aus den Frauengeschichten raus und bleibt dabei sehr schwach und blass und wenig gestaltend. Hagar, die Sklavin, muss mit Unterdrückung leben und bekommt doch eine große Zuwendung und Bestärkung und Ermächtigung von Gott. Trotzdem muss sie ihre schwierige Situation aushalten. Und ihr Sohn wird stark werden, ein großes Volk, aber viel Streit erleben.

Die freundliche Zuwendung Gottes ist für uns alle da. Gott ist ein guter Hirte für uns. Aber wir haben diese freundliche Zuwendung Gottes nicht einfach wie etwas Billiges aus dem Supermarkt. Sondern wie einen Segen, der über unserem Leben aufscheint und glänzt, gerade da, wo es dunkel ist.

Liebe Gemeinde am heutigen Sonntag Miserikordias Dominie, Barmherzigkeit Gottes.

Die freundliche Zuwendung Gottes kommt zu uns. Heute in den verschiedenen Stationen nach dem Lied, das wir gleich singen werden. Wir können eine Kerze anzünden und dabei jemanden vor Gott bringen, an den wir denken. Und  das können auch wir selbst sein. Wir können aus dem Taufbecken einen Spruch ziehen. Wir können auf die Karten eine Fürbitte schreiben. Wir können am Platz bleiben und der Orgel zuhören. Wir können uns segnen lassen von unseren Prädikantinnen Margit Buxbaum-Elstner und Ute Zepfel. Dazu kann man sich ein Kreuz mit Olivenöl auf die Hand machen lassen und einen allgemeinen Segen zusprechen lassen oder für etwas Besonderes. Z.B. eine Arbeit oder eine Operation oder für den Umgang mit einer schwierigen Person oder einer stressigen Situation.

Die freundliche Zuwendung Gottes will zu uns kommen. Wir wollen unsere Herzen und Sinne dafür öffnen. Damit Licht und Glanz in unsere Dunkelheit kommt. Damit ein Engel in unser Leben kommt. Damit Gott sieht und hört, was bei uns los ist. Damit unser Leben von Gott erzählt, weil Gott in unserem Schicksal dabei ist und mitgeht.

Das gebe uns der Gott, der für uns guter Hirte und voll Erbarmen ist.

Und der Friede Gottes….