Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen.
Liebe Gemeinde,
Jesus streitet sich mit den Händlern ist das heutige Thema. Jesus hat sich mit den Pharisäern gestritten und sie als getünchte Gräber bezeichnet. Petrus nannte er Satan. In seinen Streitigkeiten geht es hoch her. Aber bei dem Streit mit den Händlern erreicht Jesus eine neue Ebene. Er wird körperlich. Er jagt die Händler aus dem Tempfelvorhof und er stößt die Tische der Verkäufer um. Der zentrale Satz dazu ist: „Mein Haus soll als Gebetshaus für alle Völker bekannt sein‹? Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht.“
Dabei haben die Händler und Geldwechsler nichts Falsches getan. Sie werden gebraucht, damit der Tempelbetrieb laufen kann. Jemand muss die Münzen der ausländischen Besucher wechseln, damit sie Opfertiere kaufen können. Und jemand muss auch die Opfertiere verkaufen. Damals lebte ganz Jerusalem vom Tempel. Der Tempel war ein riesiges Schlachthaus. Es wurden jeden Tag große Mengen von Tieren geopfert. Es gab eine extra Rinne, durch die das Blut der Tiere nach unten in die Stadt abgeleitet wurde. Wahrscheinlich stank es überall nach Blut. Jesus greift hier nicht nur die Geschäftsleute an, die ihren Lebensunterhalt im Tempel verdienen. Jesus greift den Tempelbetrieb insgesamt an und damit ganz Jerusalem.
Was stört ihn an dem neuen Tempel auf den die Jerusalemer so stolz sind?
Einmal geht es darum, dass der Tempelbetrieb die Armen ausbeutet. Jesus stellt sich an einen Opferstock und sieht zu wie die Menschen Geld einwerfen. Dabei sieht er eine arme Witwe, die die kleinste Münze in den Opferstock wirft. Jesus ist sauer, dass der Tempel das frisst, was die arme Witwe zum Überleben gebraucht hätte. Der Opferbetrieb im Tempel bevorzugt die Reichen, die sich die Opfer leisten können. Während die Armen keine Aufmerksamkeit bekommen. Das findet Jesus falsch. Er schließt sich damit der Kritik der Propheten in der Bibel am Opferkult an. Schon bei Amos spricht Gott: Nicht Opfer will ich, sondern gerechte Taten.
Und Jesus sagt: Ein Ort an dem Gott verehrt wird, sollte nicht ein Ort sein, an dem Tiere geopfert werden. Hier soll gebetet werden. Gebetet wurde in dem Tempel in Jerusalem natürlich auch. Aber das Geld wurde mit den Opfern verdient.
Und dieses Geld mit Opfern verdienen, das findet Jesus falsch. Auch hier findet er deftige Worte. Den gigantischen neu gebauten Tempel als Räuberhöhle zu bezeichnen, das war schockierend für die Jerusalemer. Eine Räuberhöhle ist der Tempel in den Augen von Jesus deshalb, weil dort die Menschen, die Gott verehren wollen, ausgeraubt werden und Händler und die ganze Tempelbürokratie an ihnen verdienen.
Und wir heute, trifft uns der Vorwurf Jesu nicht genauso wie die Händler damals und all die Leute, die vom Tempel lebten. Ich als Pfarrerin zumindest lebe von den Kirchensteuern. Gut es gibt einen Unterschied. Die Kirchensteuern sind sozial gestaffelt. Leute mit wenig Einkommen zahlen keine Kirchensteuern. Trotzdem bleibt die Frage, raube ich als Teil der Kirchenbürokratie nicht auch die Menschen aus? Etwas ist genauso wie beim Tempel damals, die Kirchengebäude zu unterhalten kostet Geld. Aber ich finde im Gegensatz zum Tempel damals sind unsere Kirchen Gebetshäuser. Insofern haben wir schon etwas von Jesus gelernt.
Und Gebete sind sehr wichtig. Zu beten ist persönlich. Menschen beten und es ist wichtig, dass diese Gebete ehrliche Gespräche mit Gott sind, in denen über das gesprochen wird, was wirklich wichtig ist. Aber Gebete gehen weit über das Persönliche und Private hinaus. Wenn wir hier in der Kirche zusammen beten, dann sprechen hier nur einige der Anwesenden die Pfarrerin die Kirchenvorstandsmitglieder und die Konfis Gebete. Im Stillen Gebet jedoch bringt jeder einzelne, was ihn oder sie bewegt vor Gott. Und in jedem Gottesdienst beten wir doch alle zusammen und nehmen die hier genannten Anliegen auf. Das heißt wir treten gemeinsam vor Gott und sprechen Gott auf unsere menschlichen Nöte und unser Glück an. Und wir bringen auch stellvertretend für andere, die nicht beten, wichtige Anliegen in unserer Gemeinde, unserem Dorf unserem Land und der ganzen Menschheit vor Gott. Und da Gott auf uns hört und auf uns eingeht, genau wie wir auf Gott hören und auf ihn eingehen, verändern wir damit das Leben der Menschen, für die wir beten. Und wir verändern unsere Einstellung gegenüber den Menschen für die wir beten. Es ist also sehr wichtig, dass wir zusammen beten und dass wir dafür diesen besonderen Raum die Kirche haben. Denn ich merke, es ist anders hier zu beten als zum Beispiel im Wald. In der Kirche spüre ich, dass Generationen vor mir hier gebetet haben. Und hier in der Kirche ist mein Gebet eingebettet in die Gebete der anderen, die hier sind und hier waren. Und wir, die wir hier beten, ermutigen uns gegenseitig im Glauben. Insofern ist den Gottesdienst zu besuchen nicht nur eine persönliche Frage. Es geht nicht nur darum, ob es mir davon gut geht. Wenn ich den Gottesdienst besuche, tue ich damit auch etwas für die anderen, die hier sind. Denn ich lasse sie nicht alleine mit ihren Gebeten und ich trage etwas dazu bei nicht nur meinen Glauben sondern auch den Glauben der anderen zu stärken.
Natürlich brauchen wir nicht nur die öffentlichen Gebete im Gottesdienst. Es ist genauso wichtig, dass wir auch für uns alleine beten und was wir erleben und was wir uns überlegen zu tun, vor Gott auszubreiten.
Wenn unser Leben von Gebet durchdrungen ist, dann schützt uns diese Verbindung zu Gott zumindest ein wenig vor falschen Entscheidungen und sie schützt uns vor Verzweiflung. Und daran glaube ich fest, sie verändert auch etwas in der Welt. Wir sind hier auch, um die Welt zu verändern. Und genau das tun wir heute hier. Wie auch an den meisten anderen Orten sich Christinnen und Christen versammeln und mit ihren Gottesdiensten die Welt ein bisschen besser machen. Weil Gott uns zuhört, bewirken unsere Gebete etwas. Denn Gott ist mächtig und verständnisvoll und hört wohlwollend, was wir ihm zu sagen haben. Was Gott dann tut, das ist nicht unsere Sache. Wir haben nicht den Überblick darüber, was bestimmte Handlungen und Ereignisse langfristig auslösen. Insofern ist die Entscheidung, ob Gott eine unserer Bitten erfüllt bei Gott gut aufgehoben und nicht wir haben diese Entscheidung zu treffen. Auch haben wir mit unserem kurzen Leben ganz andere Zeithorizonte. Wir wissen nicht, was unsere Gebete langfristig bewirken, denn häufig erfahren wir nichts von ihren Wirkungen. Ich finde es gut, zu beten, und mich darauf zu verlassen, dass Gott schon etwas Gutes daraus machen wird. Und ich finde es wichtig, dass wir uns bewusst sind wie sehr unser Wissen Stückwerk ist. Am Ende haben wir nicht den Überblick. Am Ende wissen wir nicht wie etwas langfristig ausgehen wird. Und wir werden immer wieder davon überrascht werden, was dann wirklich geschieht. Also: Es geht im Glauben um Vertrauen. Und auch beim Beten geht es um das Vertrauen darauf, dass Gott uns hört und unsere Gebete nicht umsonst sind. Sowohl die Gebete im Gottesdienst als auch die zu Hause. Insofern fordere ich Sie heute auf. Beten Sie. Machen Sie es sich zur Gewohnheit regelmäßig zu beten. Es müssen ja keine langen Gebete sein. Manchmal reicht auch ein einzelnes Wort. Dies ist unsere Chance etwas Gutes zu bewirken. Lassen wir sie nicht verstreichen. Wann kann man denn sonst mal etwas mit so wenig Aufwand bewirken?
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinn in Christus Jesus zum ewigen seligen Leben!