Karfreitag 10.4.2020

Predigt von Elke Burkholz zum Karfreitag 2020

Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen.

Liebe Gemeinde,

Leid und Tod. Davon sind wir umgeben – immer – nicht nur in Coronazeiten.  An Jesu Leiden und Tod denken wir heute.

Wir denken voller Trauer an die Menschen, die sterben und wir fürchten um unsere Angehörigen und Freunde.

Leiden und Tod, das ist das Thema des Karfreitag. 

Aber unser Predigttext führt uns in eine Richtung, die über Leiden und Tod hinausweist.

Gott hat dem Tod Jesu, der nicht von Gott sondern von der römischen Kolonialregierung verursacht wurde, einen rettenden Sinn verliehen.

So sagt es Paulus im 2. Brief an die Gemeinde in Korinth.

Ich lese 2. Korinther 5, 19-21

19 Ja, in Christus war Gott selbst am Werk,

um die Welt mit sich zu versöhnen.

Er hat den Menschen ihre Verfehlungen nicht angerechnet.

Und uns hat er sein Wort anvertraut,

das Versöhnung schenkt.

20 Wir treten also anstelle von Christus auf.

Es ist, als ob Gott selbst die Menschen durch uns einlädt.

So bitten wir anstelle von Christus:

Lasst euch mit Gott versöhnen!

21 Gott hat Christus,

der keine Sünde kannte,

an unserer Stelle als Sünder verurteilt.

Denn durch Christus sollten wir

vor Gott als gerecht dastehen.

Der Tod Jesu ist nicht umsonst gewesen. Gott hat gesagt: „Jetzt erst recht. Die Menschen haben furchtbares getan. Und ich werde darauf nicht mit Rache reagieren, sondern mit genau dem Gegenteil. Ab sofort gilt mein Angebot an alle Menschen: Ich vergebe euch euere Schuld!“

Und unsere Aufgabe als Christinnen und Christen ist es, diese Botschaft weiterzugeben und an Stelle von Christus allen anzubieten: „Lasst euch versöhnen mit Gott!“

Ich stelle mir das so vor: Ich plaudere mit meiner Nachbarin von gegenüber und dann sage ich ihr: „Lass dich versöhnen mit Gott!“ Sie sieht mich verwirrt an und denkt: „Das ist aber jetzt eine merkwürdige Aussage. Ich wüsste nicht, dass ich mit Gott Ärger habe. Wieso soll ich mich versöhnen lassen? Gut ich gehe nur selten in die Kirche.  Vielleicht glaube ich auch nicht so richtig an Gott. Aber ich habe auch nichts gegen ihn, falls es ihn gibt. Warum soll ich mit Gott Streit haben, dass eine Versöhnung nötig wäre.“ Und sie wird das Gespräch schnell beenden und sich noch einmal gut überlegen, ob sie mit mir noch mal über das Wetter reden wird.

Also das kann es nicht sein. 

Was dann?

Vielleicht sollten wir damit anfangen uns selbst diese Frage zu stellen: „Habe ich Streit mit Gott? Warum sollte ich Versöhnung brauchen?“

Vielleicht habe ich nicht direkt Streit mit Gott. Aber ich bin sicher unversöhnt mit vielem, was in meinem Leben geschehen ist. Ich brauche tatsächlich Versöhnung. Und zwar muss ich mich mit meiner Vergangenheit versöhnen. Vielleicht ist das mein Streit mit Gott, dass ich die Autounfälle, die ich als Kind hatte, nicht überwunden habe. Ich lerne bei Paulus, dass Gott keinen Streit mit mir hat und keinen Streit mit mir will. Das ist zweifellos eine wunderbare Nachricht. Aber vielleicht bin ich diejenige, die zu wütend auf Gott ist, weil meine Eltern zu sehr in ihren schlimmen Erfahrungen aus dem 2. Weltkrieg festhingen und sich emotional nicht auf ihre Kinder einlassen konnten. Vielleicht kann ich mich nicht damit abfinden, dass ich als Mädchen in den 50iger Jahren als minderwertig gegenüber Jungen behandelt wurde. Ich bin sicher, auch in Ihrem Leben gibt es Dinge, über die Sie wütend sind. Können Sie Gott vergeben, dass er Ihnen das zugemutet hat?

Paulus sagt: „Gott ist nicht wütend wegen dem, was du falsch gemacht hast. Deine Schuld ist vergeben!“ Aber vielleicht bin ich sauer auf mich selbst, weil ich nicht so auf meine Kinder eingegangen bin, wie ich das gerne gewollt hätte. Vielleicht finde ich, dass ich mehr auf meine Brüder hätte zugehen sollen, um den Kontakt zu verbessern. Vielleicht denke ich, ich könnte mehr für den Umweltschutz tun und weniger Plastikverpackungen kaufen. Kann ich die Vergebung, die mir von Gott her entgegen kommt, wirklich annehmen? Will ich mir nicht lieber weiterhin selbst Vorwürfe machen? 

Was wäre, wenn ich die neue Freiheit genießen könnte, und die Vergangenheit vergangen sein ließe und alles, was ich getan habe und alles, was mir angetan wurde, hinter mit ließe? Ja, was dann? Dann müsste ich ein neues Leben anfangen. Wenn ich Gott vergeben würde und die Vergebung Gottes mir gegenüber annehmen könnte, was würde dann passieren? Spüren Sie die Unsicherheit, die diese Idee auslöst?

Wie würde ein Leben aussehen, in dem ich mich mit Gott versöhnen lasse?

Neu und frei und ungewiss. Und vielleicht würde ich dann das tun, was ich schon immer mal wollte. Oder ich würde gar nichts ändern und mich jeden Tag darüber freuen, dass ich lebe. Wer weiß.

Wenn es Ihnen geht wie mir und Sie mal drüber reden möchten, wie Sie sich mit Gott versöhnen könnten – oder wie Sie sich mit sich selbst versöhnen könnten, dann rufen Sie an Telefon 298.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinn in Christus Jesus zum ewigen seligen Leben!