Karfreitag 15.4.22 Rahel Burkholz

Liebe Gemeinde,

Heute an Karfreitag erinnern wir uns an Jesus Leiden und Tod.

Alles ist schwarz und bedrückend und ich merke davon habe ich doch schon genug, wenn ich nur den Fernseher einschalte und die schlimmen Bilder aus der Ukraine sehe, mit zwei Jahren Tote der Coronapandemie in den Knochen. 

Und jetzt soll ich mich an einen weiteren furchtbaren Tod erinnern, den Gott nicht verhindert hat? Am liebsten würde ich Gott manchmal anschreien, und sagen: Wenn du doch so mächtig bist, wieso verhinderst du dann nicht so einen Krieg? Wieso müssen weiter Menschen qualvoll sterben?

Muss das denn sein? 

Kann ich dieses Jahr nicht einfach an Karfreitag vorübergehen und nicht auch noch an Jesus Tod denken?

Und dann lese ich die Erzählung von Jesus Tod vom Evangelisten Lukas und merke hier passiert mehr, als nur ein weiterer Tod. Da will ich mehr wissen. 

Hören Sie selbst, liebe Gemeinde. Ich lese aus dem Lukasevangelium, Kapitel 23.

Lk 23, 32-49: Luther 17

32Es wurden aber auch andere hingeführt, zwei Übeltäter, dass sie mit ihm hingerichtet würden. 33Und als sie kamen an die Stätte, die da heißt Schädelstätte, kreuzigten sie ihn dort und die Übeltäter mit ihm, einen zur Rechten und einen zur Linken. 34[Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen; denn 

sie wissen nicht, was sie tun!] Und sie verteilten seine Kleider und warfen das Los darum.

35Und das Volk stand da und sah zu. Aber die Oberen 

spotteten und sprachen: Er hat andern geholfen; er helfe sich selber, ist er der Christus, der Auserwählte Gottes. 36Es verspotteten ihn auch die Soldaten, traten herzu und brachten ihm Essig 37und sprachen: Bist du der Juden König, so hilf dir selber! 38Es war aber über ihm auch eine Aufschrift: Dies ist der Juden König.

39Aber einer der Übeltäter, die am Kreuz hingen, lästerte ihn und sprach: Bist du nicht der Christus? Hilf dir selbst und uns! 40Da antwortete der andere, wies ihn zurecht und sprach: Fürchtest du nicht einmal Gott, der du doch in gleicher Verdammnis bist? 41Wir sind es zwar mit Recht, denn wir empfangen, was unsre Taten verdienen; dieser aber hat nichts Unrechtes getan. 42Und er sprach: Jesus, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst! 43Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein.

44Und es war schon um die sechste Stunde, und es kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde, 45und die Sonne verlor ihren Schein, und der Vorhang des Tempels riss mitten entzwei. 46Und Jesus rief laut: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände! Und als er das gesagt hatte, verschied er.

47Als aber der Hauptmann sah, was da geschah, pries er Gott und sprach: Fürwahr, dieser Mensch ist ein Gerechter gewesen! 48Und als alles Volk, das dabei war und zuschaute, sah, was da geschah, schlugen sie sich an ihre Brust und kehrten wieder um.

49Es standen aber alle seine Bekannten von ferne, auch dieFrauen, die ihm aus Galiläa nachgefolgt waren, und sahen das alles.

Liebe Gemeinde, hier sehe ich einen geheimnisvollen und doch auch erstaunlich mächtigen Jesus vor mir. 

Er wird gekreuzigt und verspottet. Und doch ist er ruhig und noch bereit anderen zu helfen, selbst jetzt noch. 

Und im Spott stellen die Menschen um ihn herum, eine Frage, die auch mich immer wieder umtreibt. 

Sie sagen: Wenn du wirklich Gottes Sohn, der Christus bist, dann hilf dir doch selbst! 

Sie sagen damit natürlich, dass Jesus gerade nicht Gottes Sohn ist. 

Doch da ich ja daran glaube, dass Jesus, der Christus und der Sohn Gottes ist, bleibt die Frage:

Wieso? Wieso hat der mächtige Gott nicht eingegriffen? Wieso hat er nicht einmal seinen eigenen Sohn geholfen? Mächtig genug ist er, das sehen wir spätestens am Ostermorgen. 

Und wieso verlangt Jesus keine Hilfe? 

Jesus setzt sich bis zum Schluss eher noch für seine Mitmenschen ein. Verteidigt sogar noch seine Spötter und hilft einem Mitleidendem am Kreuz ins Paradies. 

Und am Ende fühlt er sich hier im Lukasevangelium auch nicht verlassen von Gott. Im Gegenteil, ganz vertrauensvoll legt er seinen Geist in Gottes Hände als er stirbt.

Es ist ein so beeindruckender Tod, dass der römische Hauptmann am Kreuz im sogar noch Respekt zollt. 

Und da erahne ich langsam, dass das „warum?“ die falsche Frage ist. 

Wieso Gott sich entschieden hat genau so seine Macht über Tod und Leben zu zeigen, weiß ich nicht und werde es wohl auch nie erfahren. 

Aber er hat es aus einem guten Grund getan. Damit ich ihn erkennen kann. Damit ich erkenne, Gott will uns Menschen ganz nahe sein und er kann mich verstehen, da er schon das schlimmste erlitten hat, was ein Mensch erleiden kann. 

Und er will uns durch seinen Sohn selbst im Todesdunkel noch helfen.

Selbst im Sterben tut er noch Gutes und verändert das Leben seiner Mitmenschen. 

Selbst ein übler Verbrecher findet durch ihn noch zu Gott. Und ein römischer Soldat, dessen Geschäft der Tod ist, kommt ins Nachdenken. Und alle seine Freundinnen und Freunde erleben seinen Tod noch mit.

Selbst die Natur trauert mit. Es wird dunkel, denn das Licht der Welt geht aus der Welt. Und der Vorhang des Tempels zerreißt: Der Vorhang der Gott und uns Menschen trennte, verschwindet. Gott kommt uns Menschen also durch Jesus Tod näher.

Nicht nur Ostern, auch Jesu Tod, zeigt mir also eine neue Seite von Gott. Ich verstehe sie nicht in allem. Aber sie hilft mir in den Situationen, in denen ich Schmerzen einfach einmal aushalten muss. Es gibt Zeiten, da ist noch nicht Ostern. Da sieht alles düster und finster aus und da bin ich hilflos und kann nichts ändern.

Und dann scheint Hoffnung und Ostern weit entfernt.

Und gerade dann hilft mir dieser Jesus am Kreuz.  Er ist da, und leidet mit mir. Auch wenn ich mir manchmal wünsche, er würde das Leid einfach wegwischen. Und ich nicht verstehen kann, wieso er mir gerade dieses Leid nicht erspart. Seine Nähe hilft trotzdem. Und wenn ich ihm auch nur einmal all meine Angst, meinen Frust und meinen Zorn vor die Füße werfen kann. 

Auch das hilft. Denn ich weiß: Gott will für mich da sein und mir helfen, gerade in diesen Zeiten.

Ich weiß zwar nicht wieso, aber er will es, das hat er mir heute gezeigt. Und darauf kann ich mich verlassen, immer wieder.

Kanzelsegen: Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen (Phil 4,7 in einem Wort abgewandelt)

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