Luther und Paulus 22.1.23 Rahel Burkholz

Predigt zu Röm 1, 13-17 am 3. So nach Epiphanias am 22.01.23

Kanzelgruß:

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen! (2. Kor 13,13)

Liebe Gemeinde,

Tue Gutes, dann wird Gott dich belohnen. Doch wenn nicht, dann erwartet dich die Strafe Gottes. Iss deinen Teller auf, sonst werden die Engel im Himmel weinen. 

Tu Gutes, dann wirst du dir einen Platz im Himmel verdienen.

So ähnliche Sätze hat Martin Luther im frühen 16. Jahrhundert sicher oft gehört, als er aufwuchs und auch später noch. Und sie sind hängen geblieben. 

Der Reformator, der unsere evangelische Kirche gegründet hat ist von solchen Sätzen geprägt worden. Sie haben einen Großteil seines Lebens bestimmt, und sie haben ihn auch ins Kloster gehen lassen in der Überzeugung, dass Gottes Strafe ihn sonst ereilen wird. Martin Luther ist so überzeugt von dieser Haltung, dass er nachdem ihn auf dem nach Hause Weg beinahe ein Blitz trifft, denkt Gott ist zornig und will, dass er ins Kloster geht. Martin Luther krempelt sein Leben um und wird Mönch. Und von nun an ist sein ganzes Leben bestimmt von dem Versuch vor Gott gerecht zu sein, in dem er Gutes tut.

Wir würden dem Satz: Tue Gutes! Normalerweise zustimmen, auch heute noch. Denn es ist ja erst mal gut und moralisch, anderen zu helfen und Gutes für meine Mitmenschen und die Welt zu tun. Und wenn ich sie fragen würde, liebe Gemeinde, würden sie sicher sagen, dass ist auch gut christlich.

Doch Martin Luther ist an diesem Satzgescheitert und beinahe zerbrochen. Er wird Beichtsüchtig, und glaubt egal, was er tut, Gott kann ihn doch nicht belohnen, da er sich selbst ja nicht einmal für gut genug hält. Und egal, was er alles Gutes tut, seine schwachen Seiten, die er als Mensch auch hat, überwiegen.

Und er fand in der Bibel Hilfe bei einem Mann, der auch an diesem Satz gescheitert ist in seinem Leben. Er hieß Paulus und er hat erlebt, dass Gutes tun einfach nicht ausreicht. Denn leider ist das manchmal nicht so einfach zu entscheiden, was wirklich Gut ist.

Paulus hieß eigentlich Saulus und war frommer und überzeugter Jude. Und er war überzeugt, die Christen sind eine gefährliche Sekte, die seinen Gott lästern und den Tod verdienen. Und so verfolgte Paulus die Christen und half auch einen berühmten Christen, namens Stephanos zu Tode zu steinigen.

Und überzeugt von seiner eigenen Gerechtigkeit und seinem richtigen Handeln musste er erleben, wie falsch das Streben nach dem Guten doch sein kann.

Auf dem Weg zur Stadt Damaskus erscheint Paulus der auferstandene Jesus Christus als Lichtgestalt und schenkt ihm einen neuen Glauben und eine neue Einsicht in die Welt und Gottes Wesen. Und die Erkenntnis, wieviel Schuld er auf sich geladen hat. Er hat Menschenleben auf dem Gewissen und bekommt den Auftrag, gerade den Menschen zu helfen, die er verfolgt hat. Gefahren für Leib und Leben auf sich zu nehmen und die gute Nachricht, das Evangelium von Jesus Christus in die Welt zu tragen und zu verbreiten.

Und nachdem Paulus diesen schweren Weg gegangen ist, schreibt er in seinem letzten Brief seines Lebens, an die Christengemeinde in Rom, wieso er tut, was er tut. Worauf er seinen Glauben stützt und woraus er Kraft für sein Leben und seinen Auftrag zieht.

Es sind nur wenige Sätze, die hunderte Jahre später Martin Luther die Welt erschüttern ließen. 

Hören Sie sie selbst, liebe Gemeinde. Ich lese aus dem Römerbrief, Kapitel 1, die Verse 13-17:

Röm 1, 13-17:

3Ich will euch aber nicht verschweigen, Brüder und Schwestern, dass ich mir oft vorgenommen habe, zu euch zu kommen – wurde aber bisher gehindert –, damit ich auch unter euch Frucht schaffe wie unter andern Heiden. 14Griechen und Nichtgriechen, Weisen und Nichtweisen bin ich es schuldig; 15darum, soviel an mir liegt, bin ich willens, auch euch in Rom das Evangelium zu predigen

16Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen. 17Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie geschrieben steht (Hab 2,4): »Der Gerechte wird aus Glauben leben.«

Ich schäme mich des Evangeliums nicht, schreibt Paulus stolz an die Gemeinde in Rom. Denn diese gute Nachricht ist eine Kraft Gottes, die ihn alles schaffen lässt, und die Glauben schenkt. 

Eine vertrauensvolle Beziehung zu Gott, die wir auch Glauben nennen, die von Gott ausgeht und getragen wird. Und die uns eine neue Seite von Gott zeigt, die vorher nicht da war. 

Die uns eine andere Gerechtigkeit an Gott zeigt, die wir uns kaum vorstellen können, weil sie anders ist als unsere.

Eine Gerechtigkeit, die Paulus befreit und Kraft gibt, der Menschen verfolgt und getötet hat, und dem der Satz „tue gutes“ mit seiner Schuld nicht weiterhilft. Doch Gottes gute Nachricht über seinen Sohn Jesus Christus zeigt Paulus, dass Gott anders urteilt als er selbst oder wir Menschen. Dass Gott selbst ihn mit all seiner Schuld, seiner Verbohrtheit und Engstirnigkeit, selbst ihn will Gott retten, indem er ihm die Hand reicht.

Dieses Glaubensgeschenk ist das, was auch hunderte Jahre später Martin Luther zu der Erkenntnis führt: Gott schenkt uns unseren Glauben, der uns vor Gottes Augen gerecht macht, der alles zurechtrückt, was wir auch nicht Gutes tun. 
Gott hat in seiner Weisheit entschieden, dass er uns die Hand reichen will, dass er uns gnädig ansehen will, auch wenn jeder von uns das manchmal nicht verdient hat. 

Das ist Gottes Geschenk an uns, und sein Versprechen, er streckt uns die Hand entgegen, und schenkt uns Vertrauen und eine Beziehung zu ihm, und damit den Glauben an ihn, damit wir vor ihm bestehen können.

Das heißt nicht, dass Gutes tun etwas schlechtes ist. Gott freut sich sicher, wenn wir hinaus in die Welt gehen, uns für Frieden einsetzen, geflüchtete Ukrainer aufnehmen, Hungerhilfe in Afrika leisten, oder dem Nachbarn oder Freund im eigenen Umfeld helfen und gutes tun.

Aber wir müssen das alles nicht tun, um vor ihm zu bestehen, und wenn wir schlechte Tage haben, uns alles über den Kopf wächst, wir am Friedensziel scheitern, keine Kraft oder kein Geld mehr haben für die Hilfe auf der ganzen Welt oder vor Ort, dann ist auch das in Ordnung und heißt nicht, dass Gott uns verurteilt. Gott schenkt uns eine Beziehung zu ihm und er hofft, dass diese Beziehung uns hilft, die Welt zu verbessern, wo wir können, aber seine Beziehung bleibt uns egal, was passiert. 

Und sie ist eine Kraft Gottes, die so beeindruckende Menschen wie Paulus und Martin Luther den Mut und die Kraft gegeben hat, die Welt zu verändern und zu prägen, in vielen Teilen zum Bessern.

Ich hoffe Sie kann auch uns heute immer wieder ermutigen, stärken und in unserem Leben weiterhelfen. Und so hoffe ich das auch ich am Ende meines Lebens mit Paulus sagen kann: Ich schäme mich des Evangeliums nicht! Und ich freue mich, ihnen davon zu erzählen.

Kanzelsegen: Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen (Phil 4,7 in einem Wort abgewandelt)

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