Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen.
Liebe Gemeinde,
am Ostermontag treffen wir uns sonst in der Kapelle im Ortsteil Grube Messel und genießen die Kammermusik. Darauf müssen wir dieses Jahr verzichten und das fällt schwer.
Durch den heutigen Predigttext habe ich verstanden, warum wir persönliche gerade auch körperliche Begegnungen so sehr brauchen.
Ich lese
Lukas 24,36-45
36 Während sie noch redeten,
stand der Herr plötzlich mitten unter ihnen.
Er sagte:
»Friede sei mit euch!«
37 Da erschraken alle und fürchteten sich.
Denn sie meinten, ein Gespenst zu sehen.
38 Und er sagte zu ihnen:
»Warum seid ihr so erschrocken?
Und warum zweifelt ihr in euren Herzen?
39 Ich bin es wirklich:
Seht meine Hände und Füße an.
Fasst mich an
und überzeugt euch selbst –
ein Gespenst hat weder Fleisch noch Knochen,
wie ihr sie bei mir sehen könnt.«
40 Während er so redete,
zeigte er ihnen seine Hände und Füße.
41 Vor lauter Freude
konnten sie es immer noch nicht fassen
und waren außer sich vor Staunen.
Da fragte er:
»Habt ihr etwas zu essen hier?«
42 Sie gaben ihm ein Stück gebratenen Fisch.
43 Er nahm es
und aß es vor ihren Augen.
44 Der Herr sagte zu ihnen:
»Als ich noch bei euch war,
habe ich zu euch gesagt:
Es muss alles in Erfüllung gehen,
was im Gesetz des Mose,
bei den Propheten
und in den Psalmen
über mich steht.«
45 Dann half er ihnen,
die Heiligen Schriften richtig zu verstehen.
Jesus ist auferstanden! So grüßt man sich in der Ostkirche zu Ostern. Und der andere antwortet: Er ist wahrhaftig auferstanden!
Das Lukasevangelium schildert die Begegnung mit dem Auferstandenen als eine körperliche Erfahrung. Erst denken die Schülerinnen und Schüler von Jesus. Er ist ein Gespenst. Sie können es nicht fassen, dass er mitten unter ihnen erschienen ist.
Aber ihr Körper hilft ihnen, zu begreifen, was geschehen ist. Sie dürfen Jesus anfassen. Sie sehen die Wunden an seinen Händen und Füßen. Und er isst mit ihnen. Und erst dann, als sie begriffen haben, dass er körperlich anwesend ist, erklärt er ihnen, was die Bibel zu seiner Auferstehung zu sagen hat.
Wir sind Menschen. Wir sind körperliche Wesen. Unser Körper ist die Verbindung zu unserer Welt. Körperliche Erfahrungen gehen tiefer als unser Denken.
Die Auferstehung Jesu war für seine Freundinnen und Freunde eine tiefe Erfahrung.
Und die Gegenwart Jesu heute mitten unter uns schließt unseren Körper mit ein. Unser Geist öffnet sich durch die Musik im Gottesdienst. Wir sehen die anderen in der Kirche. Wir plaudern mit ihnen. Wir trinken nach dem Gottesdienst gemeinsam Wein oder Saft. Vielleicht umarmen wir die eine oder den anderen. Zumindest drücken wir dem Pfarrer oder der Pfarrerin am Ausgang die Hand. Das alles gehörte bisher zu dem Gottesdienst am Ostermontag. Wir sind gemeinsam Kirche und damit gemeinsam der Leib Christi. Und durch die körperliche Gegenwart der anderen erfahren wir, dass Jesus mitten unter uns lebt. Und heute können wir das nicht wegen Corona. Und das ist keine Kleinigkeit. Für mich geht das an die Substanz meines Glaubens. Und ich vermisse Sie bei diesem Osterfest.
Es bleibt aber immerhin der letzte Teil unseres Predigttextes: „Dann half er ihnen,
die Heiligen Schriften richtig zu verstehen.“
Die heilige Schrift sagt mir heute, dass ich in Zukunft die Tatsache, dass wir uns in der Kirche körperlich versammeln dürfen, mehr schätzen werde. Ich freue mich auf die Zeit, in der ich wieder auch andere Menschen als meinen Ehemann umarmen darf.
Und ich möchte die Wahrnehmung der Gegenwart Jesu schärfen, wenn ich mit anderen zusammen bin.
Jesus Christus ist mitten unter uns. In Brot und Wein beim Abendmahl, aber auch in guten Gesprächen und wenn wir füreinander beten und uns füreinander und miteinander engagieren.
Ich liebe es, wenn wir im Gottesdienst miteinander beten. Aber zum Glück kann ich auch zu Hause beten. Und auch zu Hause spüre ich die Kraft, die von den Gebeten anderer ausgeht.
Klar ist das Christentum eine Religion, die man miteinander lebt. Gemeinschaft mit anderen Christinnen und Christen ist notwendig, damit der Leib Christi, der aus uns allen besteht, in der Welt sichtbar und spürbar gegenwärtig ist. Aber ob die Verbindungen untereinander mal intensiver und mal etwas distanzierter sind, das ist nicht so wichtig. Im Gebet bleiben wir auf jeden Fall verbunden, auch wenn wir körperlich Abstand halten müssen.
Social Distancing finde ich übrigens einen falschen Ausdruck für, das was wir gerade gezwungen sind zu leben. Soziale Distanz können wir gerade gar nicht gebrauchen. Ja, wir müssen körperlich Abstand halten. Aber wir sollten unsere sozialen Beziehungen nur um so intensiver pflegen: Anrufen, Briefe, Mails, Fotos schicken, kurze Nachrichten, das ist alles möglich. Und jetzt gerade sind wir besonders darauf angewiesen.
Lassen Sie uns Kontakte pflegen bis das Netz raucht. Vielleicht gelingt es uns dann, etwas von der Körperlichkeit der Osterbotschaft zu erfahren: Christus ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. Und er lebt in und durch uns und mitten unter uns.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinn in Christus Jesus zum ewigen seligen Leben!