Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.
Liebe Gemeinde,
mit dem heutigen Palmsonntag beginnt die Karwoche. Wir denken heute am Palmsonntag daran, dass Jesus in Jerusalem auf einem Esel eingezogen ist und die Menschen ihn als ihren König mit Palmzweigen und Hosiannarufen begrüßt haben. Das konnte nicht gut gehen. Das war gefährlich. Am Karfreitag denken wir daran, dass Jesus am Kreuz gestorben ist. Und an Ostern daran, dass Gott ihn nicht im Tod gelassen hat. Er ist tatsächlich, der König, der Retter der Welt. Ganz anders, als es sich die Leute vorgestellt haben. Viel grundlegender. Für alle Menschen. Für alle Zeiten. Und auch für dann, jenseits der Zeit.
Wir haben ja 4 Berichte über das Leben von Jesus. In den ersten drei hat Jesus Angst, große Angst. Aber hier im Johannesevangelium ist Jesus so sehr mit dem Himmel verbunden, dass er keine Angst vor dem Leiden und Sterben hat. Wieso nicht? Wie kann das sein? Und was können wir daraus für unser Leben lernen?
Ich lese Johannes 17,1-8. Jesus betet, kurz bevor er den Weg zum Kreuz gehen muss.
Jesus beendete seine Rede.
Danach blickte er zum Himmel auf und sagte:
»Vater, die Stunde ist jetzt da!
Lass die Herrlichkeit deines Sohnes sichtbar werden,
damit der Sohn deine Herrlichkeit sichtbar machen kann.
2Du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben.
So kann er allen, die ihm anvertraut sind,
das ewige Leben schenken.
3Darin aber besteht das ewige Leben:
dich zu erkennen, den einzig wahren Gott,
und den, den du gesandt hast, Jesus Christus.
4Ich habe auf der Erde
deine Herrlichkeit sichtbar gemacht.
Denn ich habe das Werk vollendet,
das du mir aufgetragen hast.
5Lass nun an mir die Herrlichkeit wieder sichtbar werden,
die ich hatte, als ich bei dir war –
bevor die Welt geschaffen wurde.«
6»Ich habe dich bei den Menschen bekannt gemacht,
die du mir in dieser Welt anvertraut hast.
Sie gehörten dir, und du hast sie mir anvertraut.
Sie haben sich nach deinem Wort gerichtet.
7Jetzt wissen sie: Alles, was du mir aufgetragen hast,
kommt wirklich von dir.
8Denn ich habe ihnen die Worte weitergegeben,
die du mir aufgetragen hast,
und sie haben sie angenommen.
Sie haben wirklich erkannt,
dass ich von dir gekommen bin.
Und sie glauben nun, dass du mich gesandt hast.
Das Kreuz dient dazu, die Herrlichkeit Gottes sichtbar zum machen. Kann das wirklich sein, haben wir das richtig verstanden. Tatsächlich: das Kreuz dient dazu, die Herrlichkeit Gottes sichtbar zu machen.
Wir sehen: einen Menschen, der leidet. Einen Menschen, der einen Foltertod stirbt. Einen verächtlichen Foltertod. Er wird verspottet von seinen Feinden. Er ist von seinen Freunden verlassen.
Und doch soll da mehr sein als das bittere Elend, das wir sehen. Da soll Herrlichkeit Gottes sein.
Sicher, es sind manchmal heilige Momente, wenn jemand stirbt. Viele Menschen, die am Sterbebett saßen, sagen: Da war der Himmel offen.
Aber hier ist ja noch mehr. Der, der sterben wird und das weiß, bittet: lass dabei deine Herrlichkeit, Gott, sichtbar werden. Vielleicht helfen uns diese Worte weiter beim Verstehen: Darin aber besteht das ewige Leben:
dich zu erkennen, den einzig wahren Gott,
und den, den du gesandt hast, Jesus Christus.
Was da von Gott sichtbar wird, ist ewiges Leben. Und dieses ewige Leben bestehen im Erkennen von Gott und im Erkennen von Jesus. Irgendwie soll auf uns Christen etwas Himmlisches kommen: Herrlichkeit und ewiges Leben. Und es gibt eine Zusammengehörigkeit von Gott und Jesus und uns Christen. Wir gehören irgendwie jetzt schon zu einer himmlischen Wirklichkeit. Und zwar so stark, dass die Angst vor dem Leiden verfliegt.
Das ist kaum zu glauben, oder?
Wir wissen, die Christen haben Angst. Wir sind Christen und wir haben Angst. Wenn wir damals dabei gewesen wären in Jerusalem, wir wären weggelaufen wie die Jünger.
Aber da ist Jesus. Jesus, der keine Angst hat. Jesus, der so sehr mit Gott verbunden ist, das die himmlische Wirklichkeit sogar am Kreuz da ist. Wir sehen Kreuz, aber da ist mehr. Da ist auch Gott.
Die Bibel sagt uns: nichts kann uns Christen trennen von der Liebe Gottes. Was auch immer passiert, die Liebe Gottes ist da. Die Liebe Gottes ist in uns und stärkt uns. Die Liebe Gottes ist um uns herum und beschützt uns. Aber wir Christen haben Angst. Wir vergessen das mit der Liebe Gottes.
Vielleicht hilft uns dieser starke Jesus aus unserem Predigttext. Als ein Vorbild und inneres Bild gegen die Angst. Jesus hat den Tod vor Augen und bittet Gott, seine Herrlichkeit sichtbar zu machen. Und er bittet für die Menschen, die mit ihm verbunden sind. Er weiß, sie sind viel zu schwach. Sie werden ihn im Stich lassen. Er sagt ihnen beim Abschiedsessen die Vergebung zu. Er betet für sie und sie stehen daneben und können es hören. Jesus tut alles, damit seine Freundinnen und Freunde nicht verzweifeln, sondern allmählich Angst und Schuldgefühle überwinden und an die Kraft der Auferstehung glauben.
Dieser so starke Jesus, der das Kreuz vor Augen hat und zuversichtlich mit dem Himmel verbunden ist, was heißt das für uns?
So stark sind wir nicht. So viel Vertrauen haben wir nicht. Und damit sind wir nicht anders als die damals, die von Jesus gelernt haben. Jesus betet auch für uns. Wir hören noch heute die Worte, die Jesus gesagt hat. Wir öffnen unsere Ohren. Wir öffnen unsere Herzen dafür. Und dann geschieht etwas von dieser Herrlichkeit. Da kommt ein wenig Himmel zu uns. Und wir können unsere Welt anders sehen.
Wir sehen, was vor Augen ist. Wir sehen, vor was Angst haben. Wir sehen, was uns Sorgen macht. Wir sehen, was nicht klappt. Aber wir sehen mehr. Da ist ein himmlisches Licht. Was da ist, ist nicht alles. Da ist ein Licht aus der Zukunft: wie kann es werden. Da ist ein Licht aus der Vergangenheit: was hat damals geholfen. Da ist ein Licht von unserem himmlischen Freund: du bist nicht allein. Nichts kann dich trennen von der Liebe Gottes.
Das was vor Augen ist, ist immer noch da. Aber es ist in ein anderes Licht getaucht. Wir gucken nicht durch eine rosarote Brille und lügen uns die Welt schöner als sie ist. Wir flüchten nicht aus der Wirklichkeit, indem wir z.B. uns mit etwas beschäftigen, das uns ablenkt. Aber wir sehen mehr die Möglichkeiten, nicht nur die Gefahren. Wir haben mehr Hoffnung und diese Hoffnung ist eine große Kraft und ist genau so wahr wie die Angst und die Verzweiflung.
Und wir sind nicht allein. Die Liebe Gottes ist in uns und um uns herum. Wir können reden. Wir können beten. Wir können einander helfen. Wir gehören zu einer Gemeinschaft. Und zu dieser Gemeinschaft gehören Gott, mächtig zu helfen, und Jesus Christus, der vom Tod zum Leben durchgedrungen ist. Der im Himmel ist und für uns betet.
Dieser starke Jesus aus unserem Predigttext im Johannesevangelium ist stärker als Menschen sein können. Aber gerade so ist er unser Leitbild. Unser Vorbild. Unser inneres Andachtsbild.
Hier an dem Kreuz am Altar hängt der gekreuzigte Jesus. Und erinnert uns daran, dass Kreuz und Leiden nur eine Durchgangsstation sind. Und dann kommt Ostern. Dann kommt die Überwindung des Leidens. Und weil das so sicher ist wie das Amen in der Kirche, deshalb ist auch an Karfreitag, mitten im Leiden, etwas von Herrlichkeit da. Als Hoffnung. Als Dabeisein von Gott, auch dann wenn Jesus ruft: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen.
Liebe Gemeinde, wir sind ängstlich. Für uns ist das Kreuz vor allem erschreckend. Wir würden wegelaufen. Wir versuchen alles, Leiden zu vermeiden. Wir versuchen alles, Problemen aus dem Weg zu gehen.
Aber dieser starke Jesus, der auch auf dem Weg zum Kreuz so mit dem Himmel verbunden, so zuversichtlich ist und noch für andere da ist, er ist bei uns. Dieser Jesus ist nur ein Gebet weit von uns entfernt. Deshalb kann auch dieser starke Jesus ein Leitbild sein.
Ich wünsche uns allen, dass wir in dem Leiden, das wir in unserem Leben haben, jetzt und in Zukunft und vielleicht manches noch aus der Vergangenheit nachwirkend, dass wir in unserem Leiden diesen Jesus nahe spüren. Jesus sagt uns zu: In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt mit all ihren Ängsten schon längst überwunden. Dieser Jesus ist bei uns. Nur ein Gebet weit entfernt.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus zum ewigen, seligen Leben. Amen.