Palmsonntag 2020 von Albrecht Burkholz

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und unserem Herrn Jesus Christus!

Liebe Gemeinde am Palmsonntag in Coronazeiten,

eine solche Karwoche, die ja heute beginnt, hatten wir noch nie. Es gab Ostern in Kriegszeiten und Nachkriegszeiten. Aber dass Ostern praktisch ausfällt, weil man nicht in den Gottesdienst gehen kann und sich nicht besuchen kann, das hatten wir noch nicht und das macht es schwer, trotz gutem Wetter Frühlingsgefühle und neue Hoffnung in sich zu spüren. 

Auch wenn bei uns die Zunahme der Infizierten zurück geht, beginnt es ja erst in vielen Ländern mit schwachem Gesundheitssystem.

Heute begehen wir, dass Jesus in Jerusalem eingezogen ist. Damit begann sein Leiden und Sterben. An Gründonnerstag denken wir daran, dass er beim letzten Essen mit seinen Jüngern das Abendmahl gestiftet hat: Brot und Wein sollen wir gemeinsam essen und trinken: solches tut zu meinem Gedächtnis. An Karfreitag denken wir daran, dass Jesus am Kreuz gestorben ist, auf dem Hügel Golgatha vor der Stadt Jerusalem, um 15 Uhr wahrscheinlich im Jahr 33. Und an Ostern denken wir daran, dass er auferstanden ist. Dass er nicht im Tod geblieben ist. Dass der Gott, der die Quelle des Lebens ist, letztendlich stärker ist als der Tod.

Mein Thema lautet daher: Heute beginnt ein Ende, das einen neuen Anfang in sich hat.

Jesus geht in seinen Tod. Diese Leidenszeit beginnt heute. Sie spitzt sich zu bis zum Tod am Kreuz. Aber dann ist das Ende nicht das Ende. Es kommt etwas danach. Etwas Neues, was in dem Bisherigen höchstens wie ein Samenkorn angelegt war. Ein Samenkorn, das sich auflöst, und erst so das neue Leben ermöglicht.

Auch bei der Coronakrise wird es erst einmal schlechter, bevor es wieder besser werden kann. Viele sagen vorher, dass die Welt nach dieser Krise eine andere sein wird. Wie sie anders sein wird, daran können wir als Christinnen und Christen mitgestalten. Damit sie menschlicher wird. Damit Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung dabei gestärkt werden. Damit nicht die Hamsterei, sondern die große Hilfsbereitschaft den Sieg davon trägt. Wir gehen auf ein Ende zu. Wir können das Leiden nicht vermeiden. Den Schmerz. Abschiede. Aber in dem Ende liegt ein neuer Anfang. Wir müssen durch das Ende hindurch gehen, damit das möglich wird. Wir können nur über den Karfreitag zu Ostern kommen.

Heute beginnt die Karwoche mit einem verrückten Liebesdienst. Eine Frau gießt sehr kostbares Öl über Jesus und salbt ihn damit zum Tod.

Unser Predigttext steht im Markusevangelium Kapitel 14,3-9

Jesus wird gesalbt

3 Jesus war in Betanien.

Er war zu Gast bei Simon, dem Aussätzigen.

Als er sich zum Essen niedergelassen hatte,

kam eine Frau herein.

Sie hatte ein Fläschchen mit Salböl dabei.

Es war reines kostbares Nardenöl.

Sie brach das Fläschchen auf

und träufelte Jesus das Salböl auf den Kopf.

4 Einige ärgerten sich darüber

und sagten zueinander:

»Wozu verschwendet sie das Salböl?

5 Das Salböl war mehr als dreihundert Silberstücke wert.

Man hätte es verkaufen können

und das Geld den Armen geben.«

Sie überschütteten die Frau mit Vorwürfen.

6 Aber Jesus sagte:

»Lasst sie doch!

Warum macht ihr der Frau das Leben schwer?

Sie hat etwas Gutes an mir getan.

7 Es wird immer Arme bei euch geben,

und ihr könnt ihnen helfen,

sooft ihr wollt.

Aber mich habt ihr nicht für immer bei euch.

8 Die Frau hat getan, was sie konnte:

Sie hat meinen Körper im Voraus

für mein Begräbnis gesalbt.

9 Amen, das sage ich euch:

Überall in der Welt,

wo die Gute Nachricht weitergesagt wird,

wird auch erzählt werden,

was sie getan hat.

So wird man sich immer an sie erinnern.«

Die unbekannte Frau, von der kein Name überliefert wird, hat etwas  Wichtiges getan. Sie hat Jesus zum Begräbnis gesalbt. Die Frauen, die am Ostermorgen zum Grab gehen wollten, um ihn zu salben, kamen ja nicht mehr dazu.

Die Frau geht verschwenderisch mit ihrem Vermögen um. 300 Silberstücke – das ist ein Jahresgehalt. So wertvoll war ihr Jesus.

Wir Christinnen und Christen sind ja Jesus zum Dank verpflichtet. So viel hat er für uns getan. Wir versuchen diese Dankesschuld durch Gutes Tun und durch Beten und Loben (d.h. weniger klagen und mehr positiv denken) abzutragen. Aber das, was uns gegeben und geschenkt wurde, ist so groß, wir können gar nicht entsprechend danken.

Wie es Ernst Christoph Homburg 1659 im Lied 86 ausgedrückt hat, ein Rechtsanwalt in Naumburg/Saale, der durch schwere Krankheit zur geistlichen Dichtung geführt wurde:

Jesu, meines Lebens Leben,

Jesu, meines Todes Tod,

der du dich für mich gegeben

in die tiefste Seelennot,

in das äußerste Verderben,

nur dass ich nicht möchte sterben,

tausend-, tausendmal sei dir,

liebster Jesu, Dank dafür.

Wir sind in einer großen Dankesschuld. Aber diese Frau damals, die hat Jesus etwas Gutes getan. Sie hat nicht gespart. Sie war nicht geizig. Sie hat nicht gehortet. Sie hat nicht die Sorgen um ihre Zukunft in den Mittelpunkt gestellt. Sie war wach und offen dafür, was die Situation erforderte. Und dann hat sie spontan gehandelt. 

Statt Dank erntet sie Angriffe. Jesus aber nimmt sie in Schutz. Das ist seine Form des Danks. Diese Frau gehört zur Passionsgeschichte. Sie hat Jesus zum Begräbnis gesalbt. Sie hat gemerkt, wie gefährlich die Situation ist. Und sie hat entsprechend gehandelt. Während die Jünger voller Selbstüberschätzung waren. Petrus sagte: Wenn alle dich verlassen, ich verlasse dich nicht. Und dann hat er Jesus drei mal verleugnet. Und als der  Hahn krähte, weinte er bitterlich. Oder Judas. Vielleicht wollte er nur Jesus dazu bringen, nach der Macht zu greifen und dadurch für ein Ende des Elends zu sorgen. So wurde er zum Verräter und beging Selbstmord.

So wichtig ist das, was diese Frau getan hat. Trotzdem wurde ihr Name nicht überliefert. Und es brauchte dann noch fast 2000 Jahre, bis wenigstens in der evangelischen Kirche Frauen Pfarrerinnen werden durfte. Die Erlösung, die durch Jesus kam, ist ein langer, langer Weg. Und wir sind noch lange nicht da, so viel zu verstehen und wahrzunehmen und umzusetzen wie diese unbekannte Frau.

Es beginnt ein Ende, das einen neuen Anfang in sich hat. Es kommt das Kreuz. Und es kommt die Auferstehung.  So war das bei Jesus. Wie ist das bei uns heute?

Wir wissen nicht, wie es mit Corona und den Folgen weiter geht. Die Infiziertenzahlen steigen nicht mehr so stark. Der Anstieg der Totenzahlen ist nicht mehr so stark. Wir können begründet hoffen, dass unsere Krankenhauskapazitäten in Deutschland ausreichen. Wir können hoffen, dass nicht weitere Altersheime betroffen sind. Und das medizinische Personal genug Schutz hat. Wir können hoffen, dass die wirtschaftlichen Folgen nicht so hart sind. Dass bald medizinische Hilfen gefunden werden. 

Mich stimmt es  hoffnungsvoll, dass an der Uni Marburg Atemschutzgeräte entwickelt wurden, die auch für arme Länder machbar sind. Mich stimmt es hoffnungsvoll, dass die Menschen die Abstandsregeln im Wesentlichen einhalten. Dass so viele Menschen bereit sind zu helfen. Dass es in der Kirche und in den Vereinen so gute Ideen gibt, wie wir am besten mit der Situation umgehen können, im ganzen Land.

Ich bete, dass es bei uns nicht und in anderen Ländern nicht so schlimm wird. Dass durch diese Krise das Miteinander gestärkt wird. Und das, was für die Zukunft der Erde und der Menschheit gut ist. Dass die österliche Hoffnungskraft uns stärkt und einen neuen Anfang ermöglicht. Ich danke allen, die  mit mir beten.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere menschliche Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus zum ewigen seligen Leben.

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