Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.
Liebe Gemeinde, dies ist der erste Pestgedenktag, den wir richtig nach Ausbruch von Corona zusammen feiern. Noch ist Corona nicht vorbei, aber es hat seine Gefährlichkeit verloren.
In unserer Situation können wir sehr viel mehr mitfühlen mit den Menschen in Messel 1666. Nach dem großen Krieg, er war gerade 18 Jahre vorbei, lebten in Messel ungefähr 100 Menschen. Und dann kam die Pest und fast 30 Menschen sind daran gestorben. Als die Pest vorbei war, hat der damalige Pfarrer Dietz die Überlebenden in der Kirche versammelt und gemahnt, immer daran zu denken. Jedes Jahr mit dem Pestgedenktag. Das Buch Jona, die große Bitte um Errettung, wurde mit dem Pestgedenktag verknüpft.
Seitdem hat es viele schlimme Ereignisse gegeben. Das Kriegerdenkmal draußen vor der Kirche erinnert daran. Aber immer war die Erinnerung da: es gab eine Rettung mitten in dem Schlimmen. Die Toten mussten betrauert werden. Das schlechte Gewissen der Überlebenden musste bewältigt werden. Das Erschrecken darüber, wie leicht das Leben zu erschüttern ist, musste ausgehalten werden. Dazu war der Pestgedenktag da.
Wir haben gerade von Kirchenvorsteherin Karin Groß vorgetragen bekommen, wie der Prophet Jona den Auftrag bekommt, in die große Stadt Ninive, die Hauptstadt der Feinde zu gehen und zu verkünden: Noch drei Tage, dann wird Ninive untergehen.
Man stelle sich vor, ein Christ oder eine Christin in der Ukraine bekommt den Auftrag: Geh nach Moskau. Stell dich vor den Kreml. Und rufe die ganze Zeit: noch 3 Tage, dann wird Moskau zerstört werden.
Man kann sich vorstellen, dass dieser Auftrag gefährlich ist. Lebensgefährlich.
Das denkt auch Jona damals. Er haut ab. Er geht auf ein Schiff, das in die andere Richtung fährt. Aber vor Gott kann man nicht fliehen. Jona macht die Lage nur schlimmer. Er landet im Bauch des Fisches in der Tiefe des Meeres. Tiefer geht es nicht. Lebensgefährlicher kann es nicht mehr werden. Jona wollte sein Leben retten, aber er muss durch die Tiefe hindurch gehen.
Im Buch des Fisches betet Jona inbrünstig, voller Todesangst und er wird gerettet. Eigentlich gibt es in dieser Geschichte ständig eine Rettung. Das Schiff ist gerettet. Und Jona ist gerettet. Und dann geschieht das Wunder: die Feinde kehren um und auch die große Stadt Ninive wird gerettet. Und am Ende muss Jona mit seinen Gefühlen klar kommen, dass den Feinden etwas Gutes geschieht. Vielleicht schafft es die göttliche Rettung sogar noch bis dahin, aber das scheint das Allerschwierigste und Allerunwahrscheinlichste.
Was ist die Botschaft der Jonageschichte für uns heute am baldigen Ende der Coronazeit, aber Zukunftsängsten wegen Inflation und Klimawandel?
Das Wunder kann geschehen. Menschen verändern sich zum Guten hin. Auch wenn sie dafür durch Schwieriges und Bedrohendes hindurch müssen.
Jesus redet im Neuen Testament vom Zeichen des Jona. Er meint damit, dass er drei Tage im Tod sein wird und dann auferweckt wird. So wie Jona im Bauch des Fisches war, bedroht von der Tiefe der Wassermassen, und dann eine neue Chance bekommen hat.
Hier in der Kirche haben wir das Kreuz vor Augen. Der sterbende Jesus bedeutet für uns eben auch den auferweckten Jesus Christus, der uns hilft in unserer Not. Da verwindet eine Verwandlung statt. Vom Bedrohlichen zum neuen Anfang.
Diese Verwandlung gibt es für uns alle. In welchen Schwierigkeiten wir auch stecken, wie bedrohlich die Lage auch aussieht, wir können mit Jona im Bauch des Fisches beten: Aus der Tiefe rufe ich zu dir Gott. Aus der Ausweglosigkeit suche ich dich. Hast du einen Weg für mich?
Meine Frau und ich nehmen wahr, dass ihr Konfirmanden durch die Coronazeit ernster geworden seid. Eure Generation ist weniger unbeschwert, als wir damals es sein konnten. Deshalb ist für euch das mit dem Glauben, dem Hoffen und dem Lieben um so wichtiger.
Nehmt das Zeichen des Jona mit in euer Leben.
Man kann ganz unten sein. Im Bauch eines Fisches in der Tiefe des Meeres. Das ist wirklich aussichtslos. Man sieht nur was Dunkles und Blubberndes und Schleimiges und Ekliges. Da ist Hopfen und Malz verloren. Wie soll es da einen Ausweg geben?
Ein schöner und tröstender Satz sagt: Gott ist nur ein Gebet weit von uns entfernt.
Jona betet in seiner Ausweglosigkeit. Es gibt keine Chance, nutzen wir sie, sagen Fußballtrainer vor dem Spiel gegen einen viel stärkeren Gegner. Es gibt eigentlich keine Hoffnung. Trotzdem betet Jona. Und Gott, die Rettung, ist da. Schon im Bauch des Fisches da. Was auch geschehen mag, Gott lässt Jona nicht im Stich. Obwohl Jona Gott im Stich gelassen hat.
Ich habe gerade das Buch Zukunftsrepublik gelesen. Es kam 2020 heraus, Corona hatte gerade begonnen. Da schreiben viele junge Manager oder Leute von der Uni, was sie sich für die nächsten 10 Jahre bis 2030 erhoffen. Sie lassen einfach ihre Phantasie walten. Sie schreiben: das was nötig ist, wird jetzt gemacht. Deshalb wird es in 10 Jahren sehr viel besser sein.
Das wichtigste fand ich dabei. Die Hoffnung ist eine starke Kraft. Sie beflügelt unsere Phantasie. Da war zum Beispiel die Idee drin, dass es nach der Schulzeit ein Bewerbungsjahr geben soll. Man wird als Jugendlicher bezahlt und kann an 4 verschiedenen Stellen ein dreimonatiges Praktikum machen. Dabei kann ich rausbekommen, welcher Beruf zu meiner Begabung passt. Oder es gab die Idee, die 7 Milliarden, die in Deutschland auf vergessenen Konten liegen, für den ökologischen Umbau zu nutzen. Oder es gab die Idee, Menschen, die in ihren Ländern unter Druck geraten wie jetzt die Demonstranten im Iran, diesen Menschen eine europäische Staatsbürgerschaft zu geben, um sie zu stärken.
Ich möchte uns alle heute zur Hoffnung ermutigen. Wir können uns zum Guten hin ändern. Gott kann uns und unsere Welt zum Guten hin verändern. In uns liegt eine große Kraft: die Kraft zum Glauben. Die Kraft zu hoffen. Die Kraft zu lieben.
Ich entwickle mal meine Idee, was 2030 sein könnte. Ich bin denn 69 Jahre alt. Auch wenn ich im Ruhestand sein sollte, arbeite ich weiter an der Zukunft meiner Kirche. Denn das ist wichtig für die Zukunft unseres Landes. Denn wir brauchen Hoffnungskraft und die Bereitschaft, sich verändern zu lassen und mit zu ändern zur Zukunft hin. Wir werden viel ökologischer leben. Wir sind nur noch wenig auf Energielieferungen aus anderen Ländern angewiesen.
Ihr, liebe Konfis, werdet 22 Jahre alt sein und gut in dem, was ihr macht. Ihr werdet gebraucht, denn es gibt zu wenig Menschen, die gute Arbeit machen.
Für die Älteren unter uns enthält die Zukunft Einschränkungen und Verluste. Aber auch dafür gilt das Zeichen des Jona. In der Tiefe beginnt die Rettung. Denn aus Tiefe rufen wir zu Gott. Und Gott ist der Rettende. Und wir sind wie Jona aufgerufen, nicht an dem alten Ärger und den alten Einstellungen und Feindseligkeiten festzuhalten. Weil es um die Zukunft geht.
Am Ende des Jonabuchs muss Jona sich entscheiden, ob er an seinem Ärger festhalten will, oder sich mit Gott freuen will über die Rettung einer großen Stadt mit vielen Menschen und Tieren. Und wir sind aufgerufen, mit Gott in die Zukunft zu gehen. Eine gute Zukunft für Mensch und Tier. Sogar für die, über die wir uns ärgern.
Und der Friede Gottes….