Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen! (2. Kor 13,13)
Liebe Gemeinde,
Ganz oder gar nicht. Entweder bin ich frei und vertraue auf Gott und seine Gnade, oder ich glaube meine guten Taten bringen mich in den Himmel. Wenn ich die 10 Gebote erfülle und alles, was in der Bibel so steht, dann komme ich sicher in den Himmel.
Oder wie es Martin Luther 1521 vor dem Wormser Reichstag zugeschrieben wird: „Hier stehe ich und kann nicht anders. Ich kann nur meinem Gewissen folgen, auch wenn es für mich sogar den Tod bedeuten kann, wenn ich bei meiner Überzeugung bleibe.
Und weil Martin Luther vor 500 Jahren in Worms standhaft blieb feiern wir in diesem Jahr besonders den Reformationstag.
Manchmal liebe Gemeinde, kann ich nicht Entscheidungen abwägen und Kompromisse finden. Nicht nur ein wenig ausprobieren und sehen, was passiert, und mich nicht festlegen. Manchmal ist die Entscheidung jedoch so wichtig, dass es heißt: Ganz oder gar nicht.
Und noch vor Martin Luther ganz am Anfang des Christentums, gab es auch so eine wichtige Entscheidung zu treffen.
Die ersten Christen in der Stadt Galatien, waren Menschen aus aller Welt, die nun von den Christen mit jüdischen Wurzeln dazu überredet wurden sich nach jüdischem Gesetz beschneiden zu lassen, um Christen zu werden. Viele sind verunsichert und fragen einen ihrer Gründer, was sie tun sollen.
Und der Apostel Paulus ist der Meinung: Jetzt gilt es. Ganz oder garn nicht.
Doch hören sie seine Worte, die uns im Galaterbrief überliefert sind.
Gal 5, 1-6: Basisbibel
1Christus hat uns befreit,
damit wir endgültig frei sind.
Bleibt also standhaft und unterwerft euch nicht wieder
dem Joch der Sklaverei!
2Ich, Paulus, sage euch:
Wenn ihr euch beschneiden lasst,
wird Christus euch nichts nützen.
3Ich sage es noch einmal mit allem Nachdruck jedem,
der sich beschneiden lässt:
Er ist verpflichtet, das ganze Gesetz einzuhalten.
4Ihr habt dann mit Christus nichts mehr zu tun.
Jeder, der durch das Gesetz
vor Gott als gerecht gelten will,
hat damit die Gnade verspielt.
5Wir aber dürfen durch den Geist Gottes hoffen,
aufgrund des Glaubens vor Gott als gerecht zu gelten.
6Denn wenn wir zu Christus Jesus gehören,
spielt es keine Rolle,
ob jemand beschnitten ist oder nicht.
Es zählt nur der Glaube, der sich in Liebe auswirkt.
Ganz oder gar nicht, liebe Gemeinde.
Entweder sind wir von Jesus Christus befreit und können mit Gottes Gnade und Liebe rechnen, egal was wir auch falsch machen in unserem Leben.
Oder der Weg in den Himmel geht nur über die Gesetze, der Bibel.
Indem ich ein besonders moralisches und regelgetreues Leben führe.
Ich muss mich entscheiden, sagt uns Paulus auch heute noch.
Ich kann nicht sagen: Ja ich bin frei! Ich vertraue darauf, dass Gott mich liebt und durch seinen Sohn Jesus Christus erlöst hat und immer erlösen wird.
Und gleichzeitig sagen. Aber nur zur Sicherheit lasse ich mich beschneiden, halte mich an alle Gebote der Bibel und versuche so toll und moralisch einwandfrei zu leben, dass ich Gott eigentlich gar nicht mehr brauche. Dann habe ich den Weg zum Himmel durch meine eigene Kraft und meine eigene Leistung geschafft.
Das geht beides nicht zusammen. Entweder vertraue ich Gott, und dass er es gut mit mir meint, auch wenn ich es nicht immer verdiene. Oder ich vertraue lieber auf mich und meine eigene Leistung.
Und doch ist es die Falle, in die wir alle leicht geraten. Wir haben doch alle gelernt, dass Leistung uns weiterbringt im Leben.
Wir wollen in allem die besten sein, und allen zeigen, wie toll wir sind. Und wir wollen vor allem sicher sein, dass wir etwas selbst schaffen können und alles getan haben um den Himmel auch sicher zu erreichen. Und vielleicht schwingt auch der Gedanke mit: Nur was ich bezahle oder erarbeite hat einen Wert.
Dieses Denken ist natürlich und ein Stückweit steckt es in uns allen, liebe Gemeinde, auch in mir.
Und doch es gibt auch noch eine andere Art zu denken. Und sie kann wunderbar befreiend sein. Denn wenn ich nur auf Leistung setze, ist scheitern irgendwann vorprogrammiert. Irgendwann kommt in jedem Leben der Moment, in dem ich aus eigener Kraft nicht mehr weiterkomme. Wo ich einen Fehler mache, ohne es zu wollen und es gibt fast immer irgendwann jemanden, der etwas besser kann als ich.
Und weil das so ist, gibt es noch das Denken, das Paulus uns Christen rät: Setzt nicht auf Leistung oder Gesetze. Vertraut auf Gott und sein Versprechen, das er uns durch Jesus Christus gegeben hat. Ihr seid frei! Von allem, was euch einschränken will. Ihr habt von Gott euren Glauben geschenkt bekommen. Und euer Glaube ist das Einzige, was vor Gott zählt. Und euer Glaube ist das, was euch überhaupt erst ermöglicht gute Taten zu tun, die wirkliche gute Taten sind. Indem euer Glaube euch hilft Gott zu lieben und deshalb auch eure Mitmenschen.
Das könnt ihr nur, weil Gott euch dabei hilft. Und das ist nichts, was ihr selbst leisten könnt.
Liebe Gemeinde, dass die meisten unter uns konfirmiert sind und in unserem Glauben gewachsen, das ist ein Geschenk an uns.
Und dieses Geschenk ist manchmal schwer anzunehmen. Doch wenn ich es tue, dann bin ich frei!
Ich kann frei sein von dem Versuch ein perfektes Leben haben zu wollen. Ich kann frei sein von allem, was mich belastet und auf Gott vertrauen, der mich liebt und weiß wie ich bin. Mit allem, was ich kann und schaffe und mit allem, woran ich scheitere und was mir nicht gelingt.
Und der mich trotzdem liebt, obwohl ich nicht immer jedes seiner Gesetze halten kann, und obwohl ich manchmal versucht bin nur auf meine eigene Kraft vertraue.
Gott liebt mich so wie ich bin. Und er vertraut mir, dass ich versuche seine Freiheit zu genießen und der beste Mensch zu sein, und zu werden, der ich sein kann.
Denn Gott hat mir dazu ja auch meinen Glauben geschenkt, der mir hilft auf Gottes Liebe zu vertrauen und sie an meine Mitmenschen weiterzugeben.
Und weil wir dieses wunderbare Geschenk bekommen haben liebe Gemeinde, müssen wir uns in unserem Leben immer wieder entscheiden. Vertrauen wir auf Gott, halten wir an unserer Freiheit fest, oder erliegen wir der Versuchung auf uns selbst zu vertrauen?
Diese Entscheidung wird sich uns in unserem Leben immer wieder stellen und da ist es gut sich zu erinnern: Gottes Freiheit leben, geht nur ganz oder gar nicht.
Und am Ende können wir nur dankbar sein für Gottes Hilfe ihm immer wieder neu vertrauen zu können.
Kanzelsegen: Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen (Phil 4,7 in einem Wort abgewandelt)