Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen. Das ist der Kanzelgruß. Das ist das Zeichen: jetzt beginnt die Predigt. Es ist ein Bibelvers aus einem Brief des Apostels Paulus, eine Begrüßung am Anfang eines Briefs.
Für jeden Sonntag ist ein Predigttext vorgeschlagen. Nach 7 Jahren wiederholt sich der Predigttext. Ich muss nicht diesen Bibeltext nehmen. Aber ich nehme ihn normalerweise.
Für heute ist das aus dem Markusevangelium Kapitel 12 und zwar die Vers 1-12. Ich lese in der Übersetzung der Basisbibel. Die ist vor wenigen Jahren zusammen mit Jugendlichen gemacht worden.
Jesus begann, ihnen Gleichnisse zu erzählen:
»Ein Mann legte einen Weinberg an.
Er baute eine Mauer darum,
hob eine Grube als Kelter aus
und errichtete einen Wachturm.
Dann verpachtete er ihn und ging auf Reisen.
2Als es an der Zeit war,
schickte der Besitzer einen Knecht zu den Pächtern.
Der sollte bei ihnen seinen Anteil
vom Ertrag des Weinbergs abholen.
3Aber sie packten den Knecht, verprügelten ihn
und jagten ihn mit leeren Händen davon.
4Daraufhin schickte der Besitzer noch einen Knecht.
Dem schlugen sie den Kopf blutig
und beschimpften ihn.
5Der Besitzer schickte noch einen weiteren Knecht.
Den töteten sie sogar.
Er schickte noch viele andere.
Die einen verprügelten sie,
die anderen töteten sie.
6Da blieb nur noch einer übrig: sein geliebter Sohn.
Ihn schickte er als Letzten.
Er sagte sich:
›Vor meinem Sohn werden sie Achtung haben.‹
7Aber die Pächter sagten zueinander: ›Er ist der Erbe.
Kommt, wir töten ihn, dann gehört sein Erbe uns.‹
8Sie packten ihn, töteten ihn
und warfen seine Leiche hinaus vor den Weinberg.
9Was wird der Weinbergbesitzer jetzt tun?
Er wird selbst kommen, die Pächter töten
und den Weinberg anderen anvertrauen.
10Ihr kennt doch die Stelle in der Heiligen Schrift:
›Der Stein, den die Bauleute verworfen haben,
ist zum Grundstein geworden.
11Der Herr hat ihn dazu gemacht.
Es ist ein Wunder in unseren Augen.‹«
12Die führenden Priester, Schriftgelehrten und Ratsältesten
hätten Jesus am liebsten verhaften lassen.
Aber sie fürchteten sich vor der Menge.
Sie hatten verstanden,
dass er in dem Gleichnis von ihnen gesprochen hatte.
Sie ließen ihn in Ruhe und gingen weg.
Jesus erzählt ein Gleichnis. Eine Geschichte soll etwas ausdrücken. Was er sagen will, ärgert die führenden Priester, Schriftglehrten und Ratsältesten. Es kommt also an, was Jesus sagen will. Sie ärgern sich total. Am liebsten wollen sie ihn umbringen.
Wir haben ja gerade 7 Wochen Passionszeit. Leidenszeit. Wir denken daran, wie Jesus leiden musste. Wir denken daran, wie Jesus gestorben ist. An Karfreitag kurz vor Ostern denken wir daran besonders. Und an Ostern feiern wir, dass Jesus auferstanden ist und auch uns in das Leben mit Gott hinein zieht.
Hier in unserer Geschichte wird erklärt, wie es dazu kommen konnte, dass Jesus umgebracht wurde. Er ärgert die führenden Leute mit dieser Geschichte. Er ärgert sie total. Er entlarvt sie. Er reißt ihnen die Maske vom Gesicht.
Sie, die führenden Leute, sind die Weinbergpächter, die die die Boten des Besitzers verprügeln und umbringen. Und dann am Ende bringen sie sogar den Sohn, den Erben, um. Wie können sie der Strafe entgehen?
Hier geht es um Leben und Tod. Die Bibel ist kein harmloses Buch. Und ihr, liebe neue Konfis, wisst schon, dass das Leben nicht harmlos ist. Deshalb beschäftigen wir uns mit den wichtigen Fragen, die wir in der Bibel und in der Geschichte des christlichen Glaubens finden. Und dabei geht es um Leben und Tod. Es geht darum, nicht das Wichtigste im Leben zu verpassen. Und das Wichtigste ist, mit Gott klar zu kommen. Mit unseren Erwartungen an uns selbst. Mit den anderen Menschen und ihren Erwartungen.
Ein wichtige Erkenntnis des christlichen Glaubens ist dabei für mich: wir verfehlen uns immer selbst. Wir machen Mist. Wir verpassen das, was wichtig ist. Wir werden schuldig.
Die wichtige christliche Erkenntnis: es gibt Vergebung. Wir können nicht einfach den Folgen unserer Taten entgegen. Aber wir können uns selbst vergeben, weil Gott uns vergeben hat. Und wir können neu anfangen. Weil Jesus für uns die Sache bis zum Ende durchlebt und damit verwandelt hat.
Ein Beispiel. Ich habe 2 Töchter. Die sind inzwischen schon 33 und 35 Jahre alt. Wir haben als Familie nicht so oft Brettspiele gemacht, weil ich sehr pampig wurde, wenn ich verloren habe. Das ist passiert. Das ist nicht rückgängig zu machen. Das kann mir heute leid tun, aber es ist halt nun so. Zum Glück sind meine Töchter nicht nachtragend und so ist diese Selbsterkenntnis für mich nicht so bitter wie sie sonst sein könnte.
Diese Geschichte von Jesus ist eine Mahnung. Was wir tun, hat Folgen. Manchmal braucht es lange, bis die Folgen bei uns ankommen. Aber es hat Folgen.
Die Geschichte sagt uns auch: was wir haben, ist uns von Gott geliehen. Wir haben ihn von Gott gepachtet wie die Pächter in dieser Geschichte. Unser Körper ist ein Wunder und ein Geschenk Gottes und wir sollen was Gutes mit anfangen. Und das ist jetzt leicht gesagt und sehr schwer getan. Das heißt: ich mag unzufrieden sein mit meinem Körper und mit meiner Situation. Aber ich darf dabei auf keinen Fall stehen bleiben. Ich habe hier was gepachtet und es soll was Gutes bei rauskommen. Also muss ich versuchen, zufrieden zu werden. Ich muss versuchen, meine Chancen zu nutzen. Ich gehöre zu Gott und das heißt: ich bin wertvoll. Ich kann was tolles aus mir machen. Etwas, was für Gutes in der Welt sorgt. Ich kann aus mir etwas machen, das die Welt besser macht. Das ist mein Pachtzins an Gott.
Was ich mache, ist wichtig. Es hat Folgen. Langfristige Folgen. Wenn ich mich jetzt selbst beschädige und meine Chancen nicht nutze, dann wirkt das nicht nur auf mich, sondern auf meine ganze Umgebung und auch auf Gott, den, der alles zusammen hält und in der Hand hält.
Die führenden Leute damals haben nicht auf die Warnung gehört. Sie haben Jesus getötet. Ihr Land wurde später zerstört.
Wir heute leben in einer Welt, in der viel schlecht läuft. Und wir müssen versuchen, mitten in diesem, was nicht gut läuft, Gott Raum und Ehre zu geben. Das heißt: die Chancen zu nutzen für das Gute einzutreten.
Mitten in der Verzweiflung der Hoffnung Raum zu geben.
Mitten im Klimawandel für die richtigen Maßnahmen sorgen.
Mitten in der Vereinzelung für Gemeinschaft und Miteinander sorgen.
Wenn es insgesamt schlecht läuft, dann ist das sehr schwer.
Ein berühmter Mann hat einmal gesagt: Es gibt kein wahres Leben mitten im falschen.
Ich muss ihm widersprechen. Wir Christinnen und Christen sind im Widerstand gegen das was schlecht läuft. Wir probieren schon ein wenig von dem wahren Leben mitten im falschen. So gut es eben geht. Und es geht natürlich schlecht genug.
Aber wir geben die Hoffnung nicht auf. Weil Jesus auferstanden ist und uns eine Hoffnung gibt, die stärker ist als alles was schief läuft.
Stellen wir uns vor: wir gehören zu den Weinbergpächtern. Die da haben eben einen Boten verprügelt. Wir gehen ihm hinterher und verbinden die Wunden und geben ihm etwas von der Pacht. Das ist nicht viel. Aber immerhin etwas.
Ich wünsche uns allen Gelingen dabei, etwas von diesem wahren Leben mitten im falschen auszuprobieren. Wir geben Gott damit die Ehre und den Raum. Damit unter uns die Hoffnung gestärkt wird.
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus zum ewigen, seligen Leben. Amen.
Der letzte Satz war der Kanzelsegen und sagt: die Predigt ist nun zu Ende.