Unverschuldetes Leiden 26.2.23

Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen.

Liebe Gemeinde,

heute beginnt die Zeit, in der wir uns mit dem Leiden Jesus und damit mit dem Leid in der Welt beschäftigen. Manchmal denken wir, es hat uns besonders schlimm erwischt mit der Pandemie, dem Ukraine Krieg und steigenden Preisen. Ja, es ist auch schlimm. Aber heute möchte ich über einen Mann reden, dem es noch unvergleichlich viel schlechter ging. Hiob!

Hiob ist ein Gerechter. Er macht alles richtig. Trotzdem erlaubt Gott dem Teufel ihm alles wegzunehmen, was er besitzt, Herden und Reichtum und Kinder. Kinder galten in dieser Zeit als Besitz eines Mannes. Und Hiob reagiert vorbildlich: Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen. Gelobt sei der Name des Herrn. Und was dann passiert, erzählt unser heutiger Predigttext. Ich lese

Hiob 2,1-13

21Danach kamen die himmlischen Wesen wieder zusammen

und traten vor den Thron des Herrn.

Auch der Satan war unter ihnen

und trat vor den Thron des Herrn.

2Da fragte der Herr den Satan:

»Woher kommst du?«

Der Satan antwortete dem Herrn:

»Ich habe die Erde durchstreift,

ich war mal hier und mal dort.«

3Der Herr fragte den Satan weiter:

»Hast du auch meinen Knecht Hiob beobachtet?

Es gibt auf der Erde keinen Menschen wie ihn!

Er ist fromm und führt ein vorbildliches Leben.

Er begegnet Gott mit Ehrfurcht

und hält sich von allem Bösen fern.

Noch immer hält er sich frei von Schuld.

Du hast mich umsonst überredet,

ihn ins Unglück zu stürzen.«

4Doch der Satan antwortete dem Herrn:

»Haut für Haut! Ein Mensch gibt alles her,

wenn er nur die eigene Haut retten kann.

5Aber strecke doch einmal die Hand aus,

greife seinen Körper und seine Gesundheit an!

Dann wird er dir ins Gesicht fluchen!«

6Da sagte der Herr zum Satan:

»Gut! Ich gebe ihn in deine Gewalt.

Doch sein Leben musst du ihm lassen!«

7Danach verließ der Satan den Herrn

und sorgte dafür, dass Hiob krank wurde:

Geschwüre brachen aus und bedeckten ihn

von Kopf bis Fuß.

8Da nahm er eine Tonscherbe, um sich zu kratzen.

Er saß auf dem Boden mitten im Dreck.

9Seine Frau sagte zu ihm:

»Willst du dich noch immer frei von Schuld halten?

Verfluche endlich Gott, sodass du stirbst!«

10Da antwortete er ihr: »Dummes Gerede!

Wenn wir das Gute von Gott bekommen,

sollten wir da nicht auch das Böse annehmen?«

Bei allem ließ Hiob sich nichts zuschulden kommen.

Kein böses Wort kam ihm über die Lippen.

Drei Freunde besuchen den kranken Hiob

11Drei Freunde Hiobs hörten von all dem Unglück,

das ihn so schlimm getroffen hatte.

Sie kamen zu ihm – jeder aus seinem Heimatort:

Elifas aus Teman, Bildad aus Schuach, Zofar aus Naama.

Sie hatten miteinander verabredet, Hiob zu besuchen.

Sie wollten ihm ihr Mitgefühl zeigen und ihn trösten.

12Schon von Weitem sahen sie ihn,

aber sie erkannten ihn nicht wieder.

Da brachen sie in lautes Wehklagen aus.

Jeder von ihnen zerriss sein Gewand

und streute sich Staub auf den Kopf.

13Dann setzten sie sich zu ihm auf die Erde.

Sieben Tage und sieben Nächte saßen sie da

und sprachen kein einziges Wort.

Denn sie sahen, wie heftig sein Schmerz war.

Dass der Teufel kein Mitgefühl mit Hiob hat, können wir verstehen. Aber wieso Gott zulässt, dass ein guter Mensch so leiden muss, das verstehen wir nicht. Das wirkt völlig willkürlich. Gott ist doch offensichtlich mit Hiob sehr zufrieden und auch stolz auf seine Gerechtigkeit. Wieso dieser fiese Test seiner Frömmigkeit? Keine Ahnung. Das Buch Hiob gibt darauf auch keine Antwort. Nur wissen wir alle, dass das passieren kann. Gute Menschen müssen leiden. Das ist eine fiese Wirklichkeit. Und wir können nicht dadurch, dass wir Gutes tun uns vor Krankheit und Unglück und Leiden schützen. So ist es einfach. Mit dieser Wahrnehmung der Wirklichkeit versucht das Buch Hiob klar zu kommen. Und es hat am Ende nur eine Antwort, die wir nicht so befriedigend finden. Aber es ist wohl die einzige Antwort, die wir auf die Frage wieso es soviel unverschuldetes Leid auf der Welt gibt, geben können. Die Antwort des Buchs Hiob ist, Gottes Wege sind für uns nicht nachvollziehbar. Gott ist größer als unsere Verständnismöglichkeiten. Ich glaube über diese Antwort kommen wir auch heute nicht hinaus.

Also befassen wir uns nicht damit, was Gott tut, sondern wie Hiob mit seinem Leiden fertig wird. Und das ist wirklich spannend. Hiob hält weiter an seiner Frömmigkeit fest. Er sagt: „Wenn wir das Gute von Gott bekommen, sollten wir da nicht auch das Böse annehmen?“ Auch die schrecklichen Erfahrungen, die er machen muss, entfernen ihn nicht von Gott. Er hält an seinem Vertrauen fest. Ich finde das bewundernswert und ich würde mir wünschen auch so ein unerschütterliches Gottvertrauen zu haben. Das wäre wirklich gigantisch. Dieses Gottvertrauen hilft Hiob diese schreckliche Zeit in seinem Leben zu überstehen. Und ich glaube, wenn Hiob von seinem Sterbebett aus auf sein Leben zurückblicken wird, dann wird er sagen: Es war ein gutes von Gott gesegnetes Leben. Ich hatte zwar zwischendurch eine wirklich schlimme Zeit. Aber sonst war mein Leben voll von Gottes Güte und Hilfe.

Was Hiob hier richtig macht, ist, dass er die Erinnerung an die guten Zeiten und die Hoffnung auf bessere Zeiten nicht hinter dem gegenwärtigen Leiden verschwinden lässt. Auch hierin kann Hiob uns ein Vorbild sein.

Und das dritte, was Hiob richtig macht, ist, Hiob hält daran fest, dass er nichts falsch gemacht hat. Er lässt sich weder von seiner Frau noch von seinen Freunden Schuldgefühle einreden. Er besteht darauf, dass sein Leiden keine Strafe von Gott für irgendein Vergehen ist. Und er besteht darauf, dass das er sein Leiden nicht verdient hat und nicht selbst daran schuld ist. Das heißt Hiob hat ein ungebrochenes Selbstbewusstsein und leidet nicht unter unberechtigten Schuldgefühlen. Das ist total wichtig. Und das ist enorm schwierig. Denn es ist ganz furchtbar. Wenn irgendetwas Schlimmes passiert, und man sich nachts im Bett herumwälzt und sich fragt, ob man das nicht hätte verhindern können. Oder wenn man das Gefühl hat, durch meinen Fehler ist irgendjemand etwas Schlimmes zugestoßen. Das ist manchmal mindestens so quälend wie eine körperliche Krankheit. Auch hier widersteht Hiob der einfachen Lösung seiner Frau und seiner Freunde und besteht darauf, dass der Fehler nicht bei ihm liegt.

Und wenn wir schon nach Vorbildern für unser Leben in diesem Text suchen, dann ist das Größte, was die Freunde von Hiob tun: Sieben Tage und sieben Nächte ohne etwas zu sagen bei ihm im Staub sitzen. Was für ein Mitgefühl. Welch fantastische seelsorgliche Kompetenz. Dass sie das so lange mit Hiob zusammen aushalten. Meine Bewunderung ist grenzenlos. Hiob ist mit unglaublichen Freunden gesegnet. Bei einem Leidenden so lange und mit soviel Ausdauer einfach dabei bleiben und den Schmerz und das Mitgefühl aushalten. Ich glaube so etwas ist heute kaum noch vorstellbar. Hier können wir lernen, wie wirklich gute Freundschaft aussehen kann. Und wir können auch daran sehen wie gut und wichtig es ist, dass wir Menschen in großem Leid nicht alleine lassen. Natürlich neigen viele dazu sich zurückzuziehen, wenn es ihnen schlecht geht. Und oft braucht man das auch. Aber Freunde, die einem Mitgefühl zeigen und das Leiden mit einem zusammen aushalten, das ist schon etwas Besonderes. Und es ist einfach schön, wenn man solche Unterstützung erfährt. Ich weiß, auch ich bin oft unsicher, wenn es Leuten schlecht geht, ob ich sie nicht lieber in Ruhe lassen soll. Aber dabei denke ich manchmal mehr an mich und dass ich es anstrengend finde, das Leiden mit anzusehen als an die anderen, denen es vielleicht gut tun würde, wenn jemand bei ihnen ist. Zumindest könnte ich manchmal eher nachfragen. Und vielleicht ist es ganz gut, wenn wir von unseren Freunden lange nichts gehört haben, zumindest mal zu fragen, wie es ihnen geht. Das schaffen wir sicher eher als uns eine Woche schweigend zu ihnen zu setzen. Obwohl ausdauernd zuzuhören eigentlich meistens für alle Beteiligten hilfreich ist. Ich werde mich also in Zukunft an die Freunde von Hiob erinnern, wenn ich mal wieder viel zu früh und eifrig etwas sagen will und statt dessen etwas länger versuche einfach nur zuzuhören. Vielleicht stelle ich mir öfter mal das Bild von Hiobs Freunden wie sie mit ihm im Staub sitzen und den Mund halten vor. Vielleicht färbt dann etwas davon ab.

und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinn in Christus Jesus zum ewigen seligen Leben!

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