Volkstrauertag 14.11.21

Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen.

Liebe Gemeinde,

die Tage sind dunkel, es ist regnerisch. Manchmal befallen uns trübe Gedanken. Was wird werden? Wir sind nicht die einzigen, denen manchmal solche Gedanken durch den Kopf gehen. Auch der Apostel Paulus strotzt nicht immer vor Lebensfreude. Aber hören Sie selbst:

Ich lese 2. Korinther 5,1-10

Wir wissen ja:

Unser Zelt in dieser Welt wird abgebrochen werden.

Dann erhalten wir von Gott ein neues Zuhause.

Dieses Bauwerk ist nicht von Menschenhand gemacht

und wird für immer im Himmel bleiben.

2Darum seufzen wir und sehnen uns danach,

von dieser himmlischen Behausung

gewissermaßen umhüllt zu werden.

3Wir werden nicht nackt dastehen,

wenn wir einmal unser Zelt in dieser Welt verlassen müssen.

4Doch solange wir noch in dem alten Zelt leben,

stöhnen wir wie unter einer schweren Last.

Wir würden diese Hülle am liebsten gar nicht ausziehen,

sondern die neue einfach darüberziehen.

So könnte das, was an uns vergänglich ist,

im neuen Leben aufgehen.

5Auf jeden Fall hat Gott selbst uns darauf vorbereitet.

Er hat uns als Vorschuss auf das ewige Leben

seinen Geist gegeben.

6So sind wir in jeder Lage zuversichtlich.

Wir sind uns zwar bewusst:

Solange wir in unserem Körper wohnen,

leben wir noch nicht beim Herrn.

7Unser Leben ist vom Glauben bestimmt,

nicht vom Schauen dessen, was kommt.

8Trotzdem sind wir voller Zuversicht.

Am liebsten würden wir unseren Körper verlassen

und beim Herrn leben.

9Deswegen ist es für uns eine Ehrensache,

ihm zu gefallen.

Das gilt, ob wir schon zu Hause bei ihm sind

oder noch hier in der Fremde leben.

10Denn wir alle müssen einmal

vor dem Richterstuhl von Christus erscheinen.

Dann bekommt jeder, was er verdient.

Es hängt davon ab,

ob er zu Lebzeiten Gutes oder Böses getan hat.

Sehnen Sie sich nach dem Himmel? Wünschen Sie sich, Sie hätten dieses Leben schon hinter sich? Wünschen Sie sich endlich bei Christus zu Hause zu sein?

Ich weiß nicht. Die ganze Sache mit dem Himmel enthält doch ein paar Unsicherheiten. Paulus spricht davon, dass er zuversichtlich ist, aber er sagt auch, dass er nicht so genau weiß, was ihn da erwartet. Und dann gibt es da noch den unangenehmen Satz: Ich zitiere nach der Übersetzung von Martin Luther, die gefällt mir hier besser: Denn wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi. Und es geht weiter hier mit der Basisbibel: Dann bekommt jeder, was er verdient.

Vielleicht sollten wir doch noch ein Weilchen auf dieser Welt bleiben und für ein paar gute Taten sorgen?

Gute Taten schaden selten. Aber das kann nicht die Lösung sein.

Sehen wir uns die Frage nach dem offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi doch einmal genau an. Es geht dabei darum, was man in diesem Leben getan hat, um die guten oder bösen Taten. Und jeder bekommt, was er verdient. Heißt das, die einen, die Böses getan haben, kommen in die Hölle und die anderen, die gutes getan haben, kommen in den Himmel?

Nein, so verstehe ich das nicht. Denn für die meisten Menschen gilt, sie haben sowohl Böses als auch Gutes getan. Also wir haben sowohl anderen etwas zu Essen gegeben als auch manchmal ihnen Essen oder Kleidung verweigert. Manchmal haben wir jemandem, der es brauchte beigestanden, aber wir haben auch Beistand verweigert. Was also zählt?

Hier gilt: Wir müssen alle offenbar werden vor der Richterstuhl Christi. Wenn wir vor dem Richterstuhl Christi stehen, dann werden wir erkennen, was wie in unserem Leben gewesen ist. Christus weiß, was wir falsch gemacht haben und was wir gut gemacht haben. Und dann werden wir es auch wissen. Jetzt machen wir uns manchmal noch Illusionen. Wir halten uns im Allgemeinen für wohlwollende und gute Menschen, die meistens sozial sind und sich um andere kümmern. Aber stimmt das auch?

Ich rechne damit, dass ich vor dem Richterstuhl Christi vor Scham in den Boden versinken werde, wenn mir endlich klar wir, wie sehr ich andere verletzt habe. Und ich hoffe, dass ich auch vor Freude springen werden, wenn mir klar wird, wie sehr ich manchen anderen geholfen habe und was ich in meinem Leben Gutes bewirkt habe. Das gehört zusammen. Und es wird unendlich gut sein, Klarheit darüber zu gewinnen, wie mein Leben letztendlich gewesen ist. Keine Schönredereien mehr, keine Illusionen, keine Selbstverteidigung, keine Selbstverkleinerung und keine Selbstvergrößerung mehr. Einfach nur Klarheit. Auch wenn es unendlich peinlich werden wird, es wird gut sein.

Und dann erhalte ich von Gott ein neues Zuhause und ich kann das alte hinter mir lassen. Und ich werde geborgen sein bei Christus. Ja, so ist es.

Ich glaube Paulus beschreibt hier etwas, das grundsätzlich mit jedem Tod und jedem Verlust seines nahestehenden Menschen verbunden ist. Und er geht davon aus, dass es mit dem eigenen Tod genauso sein wird.

Ich erzähle mal ein Beispiel:

Eine Frau, die der Meinung ist, dass es Covid nicht gibt, hat ihre Mutter verloren. Die Mutter ist im Krankenhaus gestorben. Es war ganz schrecklich für die Frau, dass sie sie nicht besuchen durfte und in ihren letzten Stunden nicht bei ihr sein durfte. Sie hat mir erzählt: Sie will vor Gericht gehen, weil auf dem Totenschein ihrer Mutter steht, dass sie an Covid 19 gestorben ist. Als sie mir das erzählt habe ich gemerkt, sie kann nicht anders. Sie muss dabei bleiben, dass es kein Corona gibt, weil sonst müsste sie sich schuldig fühlen, weil sie Schuld wäre am Tod ihrer Mutter, vielleicht weil sie sie angesteckt hat oder sie dazu überredet hat, sich nicht impfen zu lassen. Und das würde sie nicht verkraften. Es wäre einfach zu schrecklich, dies wahrzunehmen.

Wenn jemand, der uns nahe steht, stirbt, dann denken wir zurück, was gewesen ist, wie unsere Beziehung zu der Person aussah. Und dazu gehören notwendig mindestens vier Seiten. 1. Der Schmerz, weil wir diese Person verloren haben.

2. Die Erinnerung, was diese Person uns angetan hat, wie sie uns ungerecht oder schlecht behandelt hat, was sie an uns versäumt hat. Auch wenn wir uns das in der Regel nicht ansehen und uns lieber nicht daran erinnern. Das gibt es immer. Und es ist Teil des Lebens. Und dann wird es unsere Aufgabe werden, dem oder der Verstorbenen zu vergeben, damit wir Frieden finden.

3. Die Erinnerung, was wir dieser Person angetan haben und was wir an ihr versäumt haben. Auch das gibt es immer. Auch das ist Teil des Lebens. Auch wenn wir uns das nicht so gerne klar machen möchten. Da ist es notwendig uns unsere Versäumnisse und schlechten Taten zu vergeben. Und auch mit unseren Fehlern, die wir in dieser Beziehung gemacht haben, Frieden finden.

4. Die Erinnerung an leichte und fröhliche Stunden, und was wir Lustiges und Schönes mit dieser Person erlebt haben. Dazu gehört die Dankbarkeit dafür, dass diese Person Teil unseres Lebens war. Auch so etwas gibt es in den verkorkstesten Beziehungen. Und es ist schön, sich daran zu erinnern.

Ich glaube, so ist es auch mit dem Erscheinen vor dem Richterstuhl Christi: Dort wird die Wahrheit ans Licht kommen und wir werden diese vier Seiten erleben. Wir werden die Menschen vermissen, die wir zurück gelassen haben. Wir werden uns erinnern, was andere uns angetan haben, wir werden erkennen, was wir anderen angetan haben. Und wir werden all das Schöne feiern, das wir erlebt und getan haben. Und dann werden wir bei Christus leben.

Und jetzt möchte ich Sie noch auf den Vers 5 unseres Predigttextes aufmerksam machen. Da steht:

5Auf jeden Fall hat Gott selbst uns darauf vorbereitet.

Er hat uns als Vorschuss auf das ewige Leben

seinen Geist gegeben.

Bitte erinnern Sie sich daran, wenn ihnen mal das Leben einfach zu viel wird und zu hart erscheint. 5Auf jeden Fall hat Gott selbst uns darauf vorbereitet.

Er hat uns als Vorschuss auf das ewige Leben

seinen Geist gegeben.

Wir müssen uns nicht alleine durchkämpfen. Wir müssen auch nicht alleine die trüben Tage durchstehen. Und wir müssen nicht voller Schrecken auf unseren bevorstehenden Tod blicken. Gott hat uns seinen Geist gegeben. Tief in unseren Herzen ist Gott gegenwärtig. Gott wird uns durch die Widrigkeiten unseres Lebens tragen und uns zeigen, was wir tun können – für andere und für uns selbst. Wenn wir diesem Geist Gottes in uns folgen, müssen wir uns nicht fürchten. Nicht vor dem, was uns bevor steht und auch nicht vor dem, was wir getan haben oder was uns angetan wurde.

Gottes Geist zeigt uns den Himmel, und die Heimat bei Christus, die auf uns wartet.

und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinn in Christus Jesus zum ewigen seligen Leben!

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