Die Liebe Gottes, die Gnade Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit uns allen.
Liebe Gemeinde,
Weihnachten, das Fest der Liebe Gottes zu uns Menschen. Aus Liebe zu uns ist Gott Mensch geworden. Denn Gott liebt uns wie ein Vater seine Kinder liebt. So steht es im ersten Johannesbrief 3,1:
31Seht doch, wie groß die Liebe ist,
die der Vater uns geschenkt hat:
Wir heißen Kinder Gottes, und wir sind es tatsächlich.
Die Beziehung Gottes zu uns ist eine familiäre. Gott und wir, das ist wie eine Familie, so eine enge Zusammengehörigkeit.
Aber dieser Vergleich ist nicht für alle zugänglich und hilfreich. Je nachdem, welche Erfahrungen wir mit unseren Herkunftsfamilien gemacht haben, fühlen wir uns mit der Idee: „Gott ist wie ein Vater für uns. Und wir sind wie seine Kinder für Gott,“ mehr oder weniger wohl.
Familien sind Orte von Kraft und Stärke und Ermutigung für Kinder. Aber sie sind auch die Orte, wo Kinder ihre schlimmsten Verletzungen erleiden, wo ihre Bedürfnisse nicht befriedigt werden und wo sie sich eingeengt und und unverstanden fühlen können.
Und etwas Besonderes ist dann noch die Beziehung zum Vater. Viele von uns heute sind mit abwesenden Vätern aufgewachsen, die in der Familie kaum eine Rolle spielten, und die uns kaum beachtet haben. Andere haben gewalttätige Väter erlebt, denen man aus dem Weg gehen musste, weil sie unberechenbar gehandelt haben. Und wieder andere haben Väter erlebt, die ihnen geholfen haben, sich von der Übermacht der Mütter zu befreien, die ihnen befreiende Liebe geschenkt haben.
Zum Glück machen neue Generationen auch neue Erfahrungen. Viele Väter bemühen sich heute liebevoll um ihre Kinder. Sie sind da und hören zu und schieben Kinderwägen und unternehmen etwas gemeinsam mit ihren Kindern. Ich hoffe, dass die Kinder, die das erleben einen guten Zugang zu der Idee bekommen, dass Gott wie ein liebevoller Vater uns gegenüber handelt.
Ich selbst bin in schwierigen Familienverhältnissen aufgewachsen. Und mein Vater gehörte zu der Generation unter der Woche schon weg, bevor wir Kinder aufgewacht sind und noch nicht wieder da, als wir schlafen gegangen sind. Das wollte er nicht und dafür konnte er nichts. Für mich sind Familienbilder für Gott nicht so gut. Und auch wenn ich Gott als Mutter bezeichnen würde, wäre das nicht viel besser.
Ich ziehe es vor meine Gotteserfahrungen in anderen Bildern zu beschreiben. Für mich ist Gott vielmehr wie ein inneres Licht, das mein Leben erhellt oder wie ein Bach mit klarem Wasser, das meine Schuld und meine schweren Erinnerungen davon spült und mich davon befreit.
Viele gläubige Menschen kämpfen mit dem Bild von Gott als Vater, weil sie ihre eher schlechten Erfahrungen mit ihren eigenen Vätern auf Gott übertragen. Und dann haben sie ein Bild von Gott als einem gefährlichen Tyrannen, den man mild stimmen muss, indem man sich perfekt angepasst verhält. Oder sie haben ein Bild von Gott als sadistischer Person, die sich daran erfreut Menschen in der Hölle quälen zu lassen. Und sie leben immer in der Angst, vielleicht selbst in dieser Hölle zu landen. Insofern ist es wichtig, sich mit den Erfahrungen mit seinem eigenen Vater auseinander zu setzen um ein gutes Bild von Gott als Vater haben zu können.
Aber ich kenne auch Leute, die eine komplizierte Herkunftsfamilie haben, und die das Bild von Gott als Vater erlösend und befreiend erleben. Sie sagen: Gott, das ist für mich der gute Vater, den ich nie hatte. In Gott erlebe ich die Geborgenheit, die mir meine Familie nicht geben konnte. Hier kann ich im Glauben etwas nachholen, was mir als Kind gefehlt hat. Meine Wunden aus der Kindheit können bei Gott heilen, weil Gott sich wie ein guter Vater mir gegenüber verhält – ganz im Gegensatz zu dem Vater, den ich wirklich hatte. Hier kann ich vertrauen, wo ich früher nur misstrauisch war.
Dazu möchte ich die Geschichte eines Freundes, die er mit seinem Großvater erlebt hat erzählen. In dieser Geschichte können wir nacherleben, was es heißen kann: Gott ist wie ein guter Vater zu uns und wir sind seine Kinder:
Mein Freund war 9 Jahre alt und er war kurz nach dem Krieg zur Erholung zu einer Familie in die Schweiz geschickt worden. Jetzt saß er im Zug zurück nach Hause in den Schwarzwald als ihm auffiel, dass er seinen Pass bei der Gastfamilie vergessen hat. Ihn ergriff Panik und er fragte sich, wie er denn über die Grenze kommen sollte. Kurz vor Schaffhausen stieg sein Großvater im Zug zu. Ihm gelang es den Jungen zu beruhigen. Und als sie an die Grenze kamen, und durch die Kontrolle gehen sollten nahm sein Großvater ihn an die Hand und sagte: „Dieser Junge gehört zu mir!“ Die Grenzer ließen die beiden passieren ohne nach dem Pass des Kindes zu fragen. Durch seine selbstverständliche Autorität hatte der Großvater den Jungen zurück nach Hause gebracht. Dieses Erlebnis hat mein Freund nie vergessen. Diesen Satz: „Der Junge gehört zu mir!“ den stellt er sich immer vor, wenn er an seine Zukunft bei Gott denkt. Das ist das Beste, was ihm geschehen kann.
Und so können wir uns Gott als Vater vorstellen. Gott, der sagt: Dieser Junge, diese Mädchen gehört zu mir. Und niemand soll es wagen ihm oder ihr etwas zu tun oder sie oder ihn von meiner Seite reißen zu wollen. Ja, das ist eine schöne Vorstellung, die selbst mir gefällt.
und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinn in Christus Jesus zum ewigen seligen Leben!